Oberlandesgericht Hamm verhandelt über Klimaklage gegen RWE

– von Riham Alkousaa

Hamm (Reuters) – Vor dem Oberlandesgericht Hamm ist am Montag die Klimaklage eines Bauern aus Peru gegen den Energiekonzern RWE in eine neue Runde gegangen.

RWE sei einer Studie zufolge einer der größten CO2-Produzenten in Europa und habe zur Klimakrise beigetragen, sagte der Landwirt und Bergführer Saúl Lliuya kurz vor Verhandlungsbeginn. Er ist Miteigentümer eines Wohnhauses in der Stadt Huaraz, die am Fuße der Anden unterhalb eines Gletschersees liegt. Die weltweiten Treibhausgasemissionen, an denen RWE zu einem Teil beigetragen habe, hätten zu einem Abschmelzen des Gletschers geführt, hatte er in dem bereits seit rund zehn Jahren laufenden Rechtsstreit erklärt. RWE solle sich an den Kosten für Maßnahmen zum Schutz seines Hauses vor Überflutungen beteiligen.

RWE hat dies zurückgewiesen. Die Kläger wollten einen Präzedenzfall schaffen, wonach jeder einzelne Emittent von Treibhausgasen in Deutschland für Auswirkungen des Klimawandels weltweit rechtlich verantwortlich gemacht werden könnte, selbst wenn er sich immer an die geltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften gehalten habe, erklärte der Konzern. “Wenn es einen solchen Anspruch nach deutschem Recht geben sollte, könnte man auch jeden Autofahrer in Haftung nehmen.” Lösungen für das globale Problem des Klimawandels sollten zukunftsorientiert auf staatlicher und zwischenstaatlicher Ebene entwickelt werden, nicht rückwirkend durch Gerichte.

In den mündlichen Verhandlungen am Montag und am Mittwoch haben Gutachter das Wort. Dabei geht es insbesondere um die Frage, ob das Haus von Lliuya bei einer Flutwelle gefährdet wäre. Die vom Gericht bestellten Geowissenschaftler und Statiker sowie ein Experte für alpine Naturgefahren sollten ergänzende Angaben zu den von ihnen erstellten Gutachten machen.

GERMANWATCH: KLIMAKLAGE HAT SIGNALWIRKUNG

Lliuya wird von der Umweltorganisation Germanwatch und der Stiftung Zukunftsfähigkeit unterstützt. Laut Germanwatch geht es um die Frage, ob einzelne Unternehmen mit hohen Emissionen entsprechend ihres Beitrags zum globalen Klimawandel für den Schutz Betroffener vor Klimarisiken aufkommen müssen. Der Fall habe eine Signalwirkung entfaltet wie keine andere Klimaklage. “Es handelt sich um die weltweit einzige Klage auf unternehmerische Haftung für Klimarisiken, die es in die Beweisaufnahme geschafft und damit bereits Rechtsgeschichte geschrieben hat.” Im Fall von RWE liege der Anteil am menschengemachten Klimawandel laut Studien bei knapp 0,5 Prozent. Demnach müsse sich der Konzern mit rund 17.000 Euro (18.520 Dollar) an Schutzmaßnahmen in Höhe von 3,5 Millionen Dollar beteiligen. In der Verhandlung gehe es zunächst darum, ob das Gericht den Klägern folge, wonach das Risiko für das Haus ausreichend groß sei, sagte Lliuyas Anwältin Roda Verheyen. Die Kläger gingen davon aus, dass das Risiko sehr hoch sei. Verheyen sagte, sie rechne nicht mit einer Entscheidung am Mittwoch. Dies sei jedoch Sache des Gerichts. Allein durch die Übernahme des Falls habe das Gericht den Klägern zu einem Sieg verholfen.

RWE will in den kommenden Jahren mit Milliarden-Investitionen sein Geschäft mit erneuerbarer Energie weiter ausbauen. Der Konzern betreibt nach eigenen Angaben noch sieben Braunkohle-Kraftwerksblöcke. 2020 seien es noch 20 gewesen. Die CO2-Emissionen in der Stromerzeugung seien von 118 Millionen Tonnen im Jahr 2018 auf 60,6 Millionen Tonnen 2023 gesenkt worden. “Bei RWE ist alles – operativ wie personell – auf den vereinbarten und für unsere Kraftwerke gesetzlich festgeschriebenen Braunkohlenausstieg 2030 ausgerichtet.”

(Bericht von Riham Alkousaa, bearbeitet von Tom Käckenhoff, redigiert von Philipp Krach. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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