Aussicht auf Fiskalpaket hebt Anlegerstimmung: “Zukunft in Rosa getaucht”

Berlin (Reuters) – Die Aussicht auf einen kräftigen Konjunkturimpuls durch das von Union und SPD geplante Finanzpaket beflügelt die Stimmung der Investoren.

Das Barometer für die wirtschaftlichen Aussichten in den kommenden sechs Monaten stieg im März um 25,6 Punkte auf plus 51,6 Zähler, wie das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) am Dienstag zu seiner Umfrage unter 154 Anlegern und Analysten mitteilte. Dies ist der stärkste Anstieg seit mehr als zwei Jahren und das höchste Niveau seit gut drei Jahren. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit einem Anstieg auf 50,3 Punkte gerechnet.

“Positive Signale bezüglich der künftigen deutschen Fiskalpolitik, wie etwa die Einigung über das milliardenschwere Finanzpaket für den Bundeshaushalt, dürften zur Stimmungsaufhellung beigetragen haben”, kommentierte ZEW-Chef Achim Wambach die Entwicklung. Auch am Aktienmarkt sorgte die Aussicht auf einen Konjunkturschub für Euphorie: Der Dax kletterte am Dienstagvormittag um bis zu 1,4 Prozent auf 23.476,01 Punkte und erreichte damit einen neuen Höchststand.

“AUSSICHT AUF FISKAL-BAZOOKA”

Nicht zuletzt begünstige die sechste Zinssenkung der EZB in Folge die Finanzierungsbedingungen für Haushalte und Unternehmen, nannte Wambach einen weiteren Grund für den kräftigen Anstieg des ZEW-Index, der aber hauptsächlich von der Hoffnung auf das Finanzpaket getragen ist: “Wegen der Aussicht auf die Fiskal-Bazooka sausen die Erwartungen nach oben”, kommentierte Chefvolkswirt Alexander Krüger von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank und fügt an: “Das ist viel Fantasie, die sich erst noch bewahrheiten muss. Derzeit wird die Zukunft in Rosa getaucht, die Gegenwart sieht dagegen weiter trüber aus.” Das zeigt sich auch am Barometer für die aktuelle Lage, das überraschend um 0,9 auf minus 87,6 Zähler nachgab.

“MERZ-TURBO”

Der Bundestag sollte im Laufe des Tages über das milliardenschwere Finanzpaket von Union und SPD abstimmen. CDU-Chef Friedrich Merz hat den Bundestag aufgefordert, der Grundgesetzänderung für mehr Investitionen und höhere Verteidigungsausgaben zuzustimmen. Man könne dies “mit gutem Gewissen” tun, weil es “eine Perspektive für unser Land” eröffne. Es wird mit Spannung erwartet, ob Union, SPD und Grüne nach der Einigung auf Nachbesserungen eine Zweidrittel-Mehrheit zustande bekommen. Allein 500 Milliarden Euro sollen über ein Sondervermögen in die Infrastruktur fließen.

“Die potenziellen Koalitionspartner zünden mit ihren geplanten großvolumigen Staatsausgaben die Konjunkturrakete. Der Merz-Turbo bringt die deutsche Wirtschaft auf die Überholspur”, bringt VP Bank-Chefökonom Thomas Gitzel die Hoffnungen der vom ZEW befragten Finanzmarktanalysten auf den Punkt.

Allerdings werde es geraume Zeit dauern, ehe das Geld positive Wachstumseffekte zeige. Konjunkturstimulierende Effekte würden vermutlich erst im Jahr 2026 sichtbar werden. “Die deutsche Wirtschaft steht vor großen Herausforderungen”, sagte Milo Bogaerts, CEO von Allianz Trade in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Das Finanzpaket könne dabei helfen, die wirtschaftlichen Strukturen zu stärken und die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern – und damit auch die Insolvenzzahlen wieder zu verringern.

Das Ifo-Institut traut der deutschen Wirtschaft in diesem Jahr dennoch nur ein Mini-Wachstum von 0,2 Prozent zu. Erst 2026 könnte sich die Lage mit einem erwarteten Anstieg des Bruttoinlandsproduktes von 0,8 Prozent etwas verbessern, teilte das Münchner Institut zu Wochenbeginn mit.

(Bericht von Reinhard Becker, Mitarbeit Rene Wagner, Zuzanna Szymańska, redigiert von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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