London/Berlin (Reuters) – Deutschland Bonitätsbestnote AAA gerät der Ratingagentur Fitch zufolge angesichts der enormen Schuldenaufnahme für Infrastruktur und Verteidigung bei ausbleibenden Reformen langfristig unter Druck.
“Die zusätzlichen Ausgaben werden das Wachstum unterstützen und die Wettbewerbsfähigkeit verbessern”, teilten die Bonitätswächter am Dienstag mit. “Aber es ist unwahrscheinlich, dass sie für sich genommen die längerfristigen Wachstumsaussichten Deutschlands wesentlich verbessern.” Das könne das Rating langfristig unter Druck setzen, ebenso ausbleibende Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung. Daher seien Strukturreformen und eine Konzentration auf wettbewerbsfähigere Branchen erforderlich.
Der Bundestag hat zuvor eine Lockerung der Schuldenbremse zugunsten höherer Verteidigungsausgaben und ein Sondervermögen Infrastruktur von 500 Milliarden Euro beschlossen. Am Dienstag wurde die dafür notwendige Zweidrittelmehrheit zur Änderung des Grundgesetzes erreicht. Fitch erwarte 900 Milliarden bis eine Billion Euro an zusätzlichen Ausgaben von Deutschland in den nächsten zehn Jahren. Das entspricht etwas mehr als 20 Prozent der Wirtschaftsleistung.
Das Haushaltsdefizit soll demnach bis 2027 von weniger als drei Prozent im vergangenen Jahr auf 4,0 bis 4,5 Prozent der Wirtschaftsleistung steigen. Das könne die Gesamtverschuldung auf 70 Prozent des Bruttoinlandsproduktes nach oben treiben. Diese läge dann aber immer noch unter dem Spitzenwert von 80 Prozent, der während der globalen Finanzkrise im Jahr 2010 auflief.
Die Bonität des Bundes wird von den großen Ratingagenturen jeweils mit der Bestnote AAA bewertet. Das signalisiert den Käufern, dass ihre Investitionen in Bundeswertpapiere als äußerst sichere Anlage gelten. Dafür sind sie bereit, auf Rendite zu verzichten, während sie für weniger gut bewertete Papiere anderer Länder entsprechende Risikoaufschläge verlangen.
(Bericht von Yoruk Bahceli, Rene Wagner, redigiert von Birgit Mittwollen. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)