Siemens baut in zwei Sparten mehr als 6000 Stellen ab

München (Reuters) – Siemens will mehr als 6000 Arbeitsplätze vor allem im Automatisierungsgeschäft streichen, knapp die Hälfte davon in Deutschland.

In der Industrieautomatisierung, dem Kern des langjährigen Aushängeschilds Digital Industries, sollen allein 5600 Stellen wegfallen, davon 2500 in Deutschland. Die Pläne seien den Arbeitnehmervertretern am Dienstag vorgestellt worden, erklärte der Münchner Technologiekonzern. Zudem stehen 450 Stellen im Geschäft mit Ladesäulen für Elektroautos zur Disposition, das nie richtig in Schwung gekommen ist und nun aus der Gebäudetechnik-Sparte Smart Infrastructure ausgegliedert werden soll.

“Wir müssen unsere Wettbewerbsfähigkeit in diesem volatilen Umfeld weiter stärken”, rechtfertigte der für die Sparte Digital Industries zuständige Vorstand Cedrik Neike im Gespräch mit dem “Handelsblatt” die Kürzungen. Das Automatisierungsgeschäft sei zu stark auf China und Deutschland sowie auf die Autobranche fokussiert, wo die Nachfrage seit einiger Zeit fehlt. Siemens müsse in anderen asiatischen Märkten wie Indien und in den USA wachsen und sich mehr auf Branchen wie Luft- und Raumfahrt sowie Rüstungsindustrie ausrichten.

China war für die Sparte lange der Wachstumstreiber, doch nach dem Corona-Boom ist der Umsatz dort eingebrochen, Siemens sitzt auf vollen Lägern. Auch der deutsche Markt schrumpfe seit zwei Jahren, erklärte Siemens. “Der gesamte Markt war zu euphorisch”, sagte Neike. Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2023/24 (Ende September) war die Sparte um acht Prozent geschrumpft, der Auftragseingang ging sogar um zehn Prozent zurück.

Siemens hatte bereits Stellenstreichungen bei Digital Industries “im niedrigen bis mittleren vierstelligen Bereich” angekündigt. Die jetzt vorgestellten konkreten Pläne liegen am oberen Ende dieser Spanne. Betriebsbedingte Kündigungen soll es in Deutschland aber nicht geben. Siemens setzt auf Frührente und Umschulungen. Hier seien allein 2000 Stellen offen. Insgesamt beschäftigt der Konzern in Deutschland 86.000 Mitarbeiter.

Auch im Geschäft mit Ladesäulen für Elektroautos hatten sich Einschnitte abgezeichnet. Das Geschäft mit 1300 Mitarbeitern soll ausgegliedert werden – bei Siemens ist das meist der erste Schritt vor einem möglichen Verkauf. Nun wird zuerst – noch in diesem Jahr – rund ein Drittel der Stellen gestrichen, 250 davon in Deutschland. “Aktuell besteht im Markt ein starker Preisdruck und ein begrenztes Wachstumspotenzial für Ladesäulen im unteren Leistungsbereich”, erklärte Siemens. Man wolle die Sparte daher auf stabilere Segmente wie Schnell-Ladeinfrastruktur und das Laden unterwegs eindampfen.

(Bericht von Hakan Ersen und Alexander Hübner; redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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