München (Reuters) – Der größte deutsche Lebensversicherungs-Abwickler Viridium bekommt einen illustren Kreis von Eigentümern und will mit deren Hilfe auch ins Ausland expandieren.
Die Allianz, der US-Vermögensverwaltungsriese Blackrock und die japanische Versicherungsholding T&D übernehmen zusammen den 70-Prozent-Anteil des britischen Finanzinvestors Cinven an Viridium, wie die Beteiligten am Mittwoch mitteilten. Der Verwalter von inzwischen 3,4 Millionen Versicherungspolicen wird dabei mit 3,5 Milliarden Euro bewertet. “Damit sind wir wieder wachstumsfähig und offen für weitere Akquisitionen”, sagte Viridium-Chef Tilo Dresig der Nachrichtenagentur Reuters. Dabei streckt er die Fühler auch nach Frankreich aus: “Frankreich ist ein interessanter Markt – noch größer als Deutschland.”
Dort gebe es das Geschäftsmodell, das Viridium betreibe, noch nicht – aber viele Lebensversicherer, die gerne Bestände verkaufen würden, sagte Dresig. Das Unternehmen aus Neu-Isenburg bei Frankfurt kauft solche Bestände ohne Neugeschäft auf und verwaltet sie bis zum Ende der Laufzeit weiter. Der Abwickler profitiert dabei von Kostenvorteilen, weil er kein Geld mehr für Provisionen zum Abschluss neuer Verträge ausgeben muss und die Policen mit einer modernen IT-Plattform effizient verwalten kann. 2023 hatte Viridium einen Nettogewinn von 342 Millionen Euro erwirtschaftet. “Das Ergebnis 2024 wird nochmal besser ausfallen”, sagte Dresig.
Cinven hatte Viridium seit 2013 zusammen mit der Hannover Rück rund um die damalige Heidelberger Leben aufgebaut. Das Unternehmen hat Bestände von vier Versicherern mit 67 Milliarden Euro an Kapitalanlagen aufgekauft. Bei der Übernahme der ehemaligen Generali Leben (jetzt Proxalto) war die italienische Generali mit zehn Prozent eingestiegen. Sie bleibt bei dem Eigentümerwechsel ebenso an Bord wie die Hannover Rück, die aber ihren Anteil Insidern zufolge zugunsten der Italiener etwas verkleinert. Größter Aktionär wird die japanische T&D, die über ihre Tochter Daido in Deutschland bereits an der Nürnberger Versicherung beteiligt ist. Die Allianz übernimmt den Insidern zufolge rund 25 Prozent der Viridium-Anteile.
ALLIANZ WILL ZUGRIFF AUF KAPITALANLAGEN
Der Münchner Versicherer, der in der Lebensversicherung in Deutschland die unangefochtene Nummer eins ist, setzt dabei vor allem auf die Verwaltung der Kapitalanlagen von Viridium. Der Abwickler hat die Vermögensverwaltung schon bisher an Dritte ausgelagert, unter anderem an seine künftigen Eigner Allianz, Blackrock und Generali. Einen Verkauf eigener Bestände der Stuttgarter Allianz Leben an einen Abwickler hat Allianz-Chef Oliver Bäte mehrfach ausgeschlossen.
“Cinven ist sehr stolz darauf, Viridium von Grund auf aufgebaut und gemeinsam mit dem Management zur führenden deutschen Konsolidierungsplattform für Lebensversicherungen entwickelt zu haben”, erklärte Cinven-Partner Bruno Schick. Der Weiterverkauf dürfte für den Investor sehr lukrativ sein, obwohl er seit zwei Jahren unter Druck stand, seine Beteiligung zu verkaufen. Denn Cinven war wegen seines Verhaltens bei der Rettung des italienischen Lebensversicherers Eurovita bei den europäischen Aufsichtsbehörden in Ungnade gefallen. Dort war der Investor als Eigentümer nicht bereit gewesen, so viel Geld nachzuschießen wie von den Behörden gefordert.
Das hatte auch die geplante Übernahme eines Portfolios von 700.000 Policen der Zurich-Tochter Deutscher Herold durch Viridium vereitelt. Mit einem neuen Eigentümer könnte Viridium einen neuen Anlauf nehmen. Dresig wollte sich dazu konkret nicht äußern. “Wir können jetzt wieder mit Interessenten sprechen. Wir sehen sehr viele Chancen”, sagte er. Die neue Eigentümerstruktur stärke das Profil von Viridium als unabhängigem Bestandsverwalter.
(Bericht von Alexander Hübner, redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)