Israel nimmt Bodenkämpfe im Gazastreifen wieder auf

Kairo (Reuters) – Nach dem Bruch der Waffenruhe hat Israel die Bodenkämpfe im Gazastreifen wieder aufgenommen.

Das israelische Militär teilte am Mittwoch mit, die Kontrolle über den Netzarim-Korridor ausgeweitet zu haben, der den Gazastreifen in zwei Hälften teilt. Das Manöver habe das Ziel, eine teilweise Pufferzone zwischen dem Norden und dem Süden des Küstenstreifens zu schaffen. Nach Angaben von Palästinensern starben bei den israelischen Attacken mindestens 20 Menschen. In der Nacht zu Dienstag hatte es dort bei schweren Angriffen Israels bereits mehr als 400 Tote gegeben.

Israels Militär teilte weiter mit, einen Hamas-Stützpunkt beschossen zu haben. Von dort habe es Vorbereitungen für Angriffe auf Israel gegeben. Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas bezeichnete das Vorgehen als “inakzeptabel”. Außenministerin Annalena Baerbock äußerte ebenfalls Kritik. Europas Einfluss auf Israel ist aber begrenzt. Die USA als dessen mit Abstand wichtigster Verbündeter lassen der Regierung um Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hingegen weitgehend freie Hand.

Israel und die radikal-islamische Hamas beschuldigen sich gegenseitig, den Waffenstillstand gebrochen zu haben, der den 2,3 Millionen Einwohnern des Gazastreifens nach eineinhalb Jahren Krieg eine Atempause verschafft hatte. Weite Teile des Küstenstreifens sind schwer zerstört. Netanjahu hatte am Dienstag erklärt, er habe neue Angriffe angeordnet, weil die Hamas Vorschläge für eine Verlängerung der Waffenruhe bis April abgelehnt habe. Die Hamas, die nach ihrem Angriff auf Israel im Oktober 2023 noch immer 59 der einst etwa 250 Geiseln in ihrer Gewalt hat, warf Israel vor, die Bemühungen der Vermittler um ein dauerhaftes Abkommen zur Beendigung der Kämpfe zu gefährden. Netanjahu hatte am Dienstag gesagt, die neuerlichen Angriffe seien “erst der Anfang”. Militärischer Druck sei entscheidend für die Freilassung der 59 israelischen Geiseln in Hamas-Händen.

FLUGBLÄTTER ÜBER CHAN JUNIS

Das israelische Militär forderte am Mittwoch Palästinenser in den Kampfgebieten auf, die Orte zu verlassen. Dazu wurden Flugblätter über Gebieten in Beit Hanun und Chan Junis im nördlichen und südlichen Gazastreifen abgeworfen. “Wenn Sie in den Schutzräumen oder den Zelten bleiben, gefährden Sie Ihr Leben und das Ihrer Familienmitglieder”, hieß es etwa in einem Flugblatt in Beit Hanun. Israels Marine griff auch mehrere Boote an und erklärte, von dort seien Anschläge geplant gewesen. Palästinenser berichteten, eine israelische Drohne habe auf mehrere Fischerboote vor Gaza-Stadt geschossen. Mehrere Kutter seien dabei in Brand gesetzt worden.

Bundesaußenministerin Baerbock (Grüne) sagte, Israels Vorgehen zerschlage “eine greifbare Hoffnung so vieler Israelis und Palästinenser: die Hoffnung, dass das Leid auf allen Seiten endlich ein Ende nehmen kann”. Die erneuten Kämpfe setzten auch die positiven Bemühungen der arabischen Staaten aufs Spiel, die gemeinsam einen friedlichen Pfad einschlagen wollten.

Der Krieg hatte mit dem Hamas-Überfall auf Israel am 7. Oktober 2023 begonnen, bei dem rund 1200 Menschen getötet und 251 weitere in den Gazastreifen verschleppt wurden. Israel reagierte mit einem viele Monate andauernden Angriff auf das Küstengebiet, bei dem nach Palästinenser-Angaben mehr als 48.000 Menschen getötet und 110.000 verletzt wurden.

(Bericht von Nidal al-Mughrabi, geschrieben von Ralf Bode und Birgit Mittwollen.; Redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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