Moskau/Kiew/Brüssel (Reuters) – Vor den ersten Verhandlungen auf Expertenebene zur Beendigung des Kriegs in der Ukraine werfen sich beide Seiten einen Bruch der Absprachen vor.
Das russische Außenministerium machte am Donnerstag die Regierung in Kiew für den Brand in einem Öldepot in der südrussischen Region Krasnodar verantwortlich. Dies solle die Friedensinitiative stören, sagte eine Sprecherin in Moskau. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warf seinerseits Russland vor, entgegen Zusagen von Staatschef Wladimir Putin weiter Energieanlagen in seinem Land anzugreifen. In den kommenden Tagen sollen Unterhändler der USA jeweils getrennt mit Vertretern aus der Ukraine und Russland zusammenkommen.
Auf Vermittlung der USA hatten die Ukraine und Russland eigentlich zugestimmt, Angriffe auf Energieanlagen auszusetzen. Der von US-Präsident Donald Trump vorgetragene und von der Regierung in Kiew angenommene Vorstoß einer kompletten 30-tägigen Feuerpause lehnte Russland dagegen ab. Bereits am Mittwoch warfen sich beide Seiten vor, weiter Energieanlagen anzugreifen. Unklar blieb am Donnerstag dabei weiter, wozu genau sich Russland bei einem Telefonat zwischen Putin und Trump bekannt hatte. Das Präsidialamt in Moskau sprach anschließend von “Energie-Infrastruktur”, während im Weißen Haus von “Energie und Infrastruktur” die Rede war. Die russische Außenamtssprecherin erklärte dessen ungeachtet am Donnerstag, es gebe keinen Widerspruch zwischen den Versionen.
Selenskyj hatte ursprünglich von Verhandlungen mit US-Vertretern gesprochen, die ab Freitag beginnen könnten. Am Donnerstag sagte er bei einem Besuch in Norwegen, Experten seines Landes würden bei dem Treffen zwischen Russland und den USA zugegen sein, jedoch nicht im selben Zimmer. Unklar blieb auch hier der genaue Termin für die Verhandlungen in Saudi-Arabien. Der US-Gesandte Steve Witkoff hatte Anfang der Woche erklärt, sie würden am Sonntag in Dschidda stattfinden. Putins außenpolitischer Berater Juri Uschakow sprach dagegen am Donnerstag von einem Treffen am Montag in Riad. Ihm zufolge soll es hauptsächlich um Initiativen zur Sicherheit der Schifffahrt im Schwarzen Meer gehen.
INSIDER ZU REUTERS: UKRAINER IN KURSK NICHT UMZINGELT
Auch zum Auftakt des EU-Gipfels in Brüssel war der Krieg ein zentrales Thema. Die Nord- und Osteuropäer sowie Deutschland drängten dazu, die Unterstützung für die Ukraine zu erhöhen. “Wenn sie stärker auf dem Schlachtfeld ist, ist sie auch stärker am Verhandlungstisch”, sagte die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas vor Beginn des Treffens. Bundeskanzler Olaf Scholz sprach sich für eine Fortsetzung der Hilfe für die Ukraine aus. Der finnische Ministerpräsident Petteri Orpo und der litauische Präsident Gitanas Nauseda forderten ihrerseits eine EU-Mitgliedschaft der Ukraine noch vor 2030. Alle Staats- und Regierungschefs außer dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban bekannten sich zur territorialen Integrität der Ukraine.
Selenskyj nahm per Videoschalte teil. Er bat die Europäer um Hilfen in Höhe von fünf Milliarden Euro, um Artillerie-Munition zu kaufen. Den vorliegenden Informationen zufolge haben die ukrainischen Soldaten zuletzt Boden insbesondere in der russischen Oblast Kursk verloren. Wie die Nachrichtenagentur Reuters aus US- und europäischen Kreisen erfuhr, sind sie jedoch entgegen früherer Darstellungen von Trump und Putin nicht eingekesselt. Dies deckt sich mit der Einschätzung des Institute for the Study of War mit Sitz in den USA vom 14. März, wonach keine Hinweise auf eine Umzingelung einer bedeutenden Anzahl von ukrainischen Truppen gebe. Selenskyj hatte die Darstellung stets zurückgewiesen und Putin Lügen vorgeworfen.
(Bericht von Andreas Rinke, Lili Bayer, Krisztina Than, Erin Banco und weiteren Reuters-Reportern; Geschrieben von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)