EU sichert Ukraine Hilfe zu – aber keine konkrete Zusage

Berlin/Brüssel (Reuters) – Der EU-Gipfel hat der Ukraine weiter Unterstützung zugesagt, aber eine Festlegung auf konkrete Zahlen vermieden.

Zuvor hatten der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und die EU- Außenbeauftragte Kaja Kallas auf dem EU-Gipfel in Brüssel am Donnerstag gefordert, ein größeres Militärpaket zu beschließen. “Wir brauchen Mittel für Artilleriegranaten und würden uns sehr über die Unterstützung Europas mit mindestens fünf Milliarden Euro so schnell wie möglich freuen”, sagte Selenskyj vor den EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel per Videoschalte. “Je stärker sie auf dem Schlachtfeld sind, desto stärker sind sie hinter dem Verhandlungstisch”, sagte Kallas. In der Erklärung verpflichteten sich alle Staats- und Regierungschefs mit Ausnahme des ungarischen Präsidenten Viktor Orbán, das Land weiter zu unterstützen. EU-Ratspräsident Antonio Costa sagte, dass die EU-Staaten mehr tun müssten. Kanzler Olaf Scholz verwies darauf, dass Deutschland seine Militärhilfe für die Ukraine am Freitag von vier auf sieben Milliarden Euro in diesem Jahr erhöhen wolle und damit in der EU vorangehe.

Kommende Woche wollen sich die Staats- und Regierungschefs großer EU-Staaten erneut mit Selenskyj in Paris treffen. Die Treffen mit anderen Staats- und Regierungschefs werden am 27. März stattfinden, teilnehmen würden unter anderem Großbritannien, Polen und Deutschland sowie Vertreter der Nato und der EU, sagten mehrere Diplomaten. Der finnische Ministerpräsident Petteri Orpo und der litauische Präsident Gitanas Nauseda forderten in Brüssel, dass die Ukraine noch vor 2030 EU-Mitglied werden müsse.

Sowohl Scholz als auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron betonten, dass die EU auch ohne Ungarn handlungsfähig sei. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban, der als moskaunah und Fan von US-Präsident Donald Trump gilt, hatte eine gemeinsame Ukraine-Erklärung der 27 Mitgliedstaaten verhindert. Scholz sagte, dass die EU trotzdem handlungsfähig sei, betonte in seinem wahrscheinlich letzten EU-Gipfel aber, dass er erneut dafür geworben habe, zu Mehrheitsentscheidungen in der EU überzugehen.

In der Debatte um Sicherheitsgarantien für die Ukriane nach einer Friedenslösung betonte Scholz erneut, dass die Finanzierung einer starken ukrainischen Armee die wichtigste Garantie sei. Frankreich und Großbritannien, die beide deutlich höhere Verschuldungen als Deutschland aufweisen, hatten dagegen vorgeschlagen, eine europäische Friedenstruppe in die Ukraine zu schicken. Russland lehnt dies ab, es gibt zudem Zweifel, ob genug Staaten Soldaten abstellen würden.

Der Kanzler betonte, dass er in der Debatte klar Stellung bezogen habe, ob die USA weiter Partner sein könnten. “Ich habe mich sehr dafür eingesetzt, dass man nicht irgendwie aus einem Moment heraus eine unkluge Entscheidung trifft. Es ist im Interesse der Ukraine und von Frieden und Sicherheit in Europa, dass die USA im Spiel sind”, sagte er.

DIFFERENZEN WEGEN GELD UND THEMEN

Bereits vor Beginn des Gipfels wurden aber auch abweichende Meinungen deutlich. So räumte die EU-Außenbeauftragte Kallas ein, dass es einen Konflikt zwischen den nötigen höheren Rüstungsausgaben und der Ukraine-Hilfe mit den Budgetproblemen einiger hochverschuldeter EU-Länder gebe. Der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis forderte deshalb eine Diskussion über eine gemeinschaftliche Verschuldung auf EU-Ebene für Verteidigungsausgaben. Scholz betonte nach Ende des Gipfel, es wäre besser, wenn sich die EU ernsthaft Gedanken über eigene Einnahmequellen machen würde als weiter über gemeinsame Schuldenaufnahme nachzudenken.

In Brüssel wurde auch deutlich, dass die geografische Lage einen unterschiedlichen Blick zwischen ost- und südeuropäischen Ländern auf die Ukraine bewirkt. “Es ist wichtig zu berücksichtigen, dass die Herausforderungen, mit denen wir in der südlichen Nachbarschaft konfrontiert sind, sich ein wenig von denen unterscheiden, mit denen die Ostflanke konfrontiert ist”, mahnte etwa Spaniens Regierungschef Pedro Sanchez. Für ihn stehe mehr im Vordergrund, die Grenzkontrollen und den Kampf gegen den Terrorismus zu verstärken.

(Bericht von Andreas Rinke, Lili Bayer, Krisztina Than, Andrew Gray and Michel Rose; redigiert von Birgit Mittwollen. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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