Berlin (Reuters) – ProSiebenSat.1 kommt beim von den Großaktionären geforderten Verkauf von Randgeschäften voran.
Der deutsche Fernsehkonzern veräußert das Vergleichsportal Verivox für mindestens 232 Millionen Euro an das italienische Unternehmen Moltiply, wie die bayerische Senderkette am Freitag mitteilte. Die Vereinbarung umfasse einen Eigenkapitalwert von 232 Millionen Euro. Wenn es bei Verivox gut läuft, erhält ProSiebenSat.1 noch einen Nachschlag (Earn-Out-Komponente) von bis zu 43 Millionen Euro, beim Miteigentümer General Atlantic sind es bis zu 17 Millionen Euro. Mit dem Verkauf kann nun auch der Deal von ProSiebenSat.1 mit seinem langjährigen Joint-Venture-Partner General Atlantic in Kraft treten, den das Unternehmen am Donnerstagabend verkündet und am Freitag beschlossen hat.
Durch die Trennung von Verivox könnte nun auch eine Übernahme von ProSiebenSat.1 durch seinen größten Aktionär, die italienische MFE, näherrücken. Es gibt seit längerem Spekulationen, dass die von der Berlusconi-Familie kontrollierte MediaForEurope (MFE) im Zuge ihrer Pläne für ein paneuropäisches TV-Unternehmen ein Übernahmeangebot für ProSiebenSat.1 abgeben könnte. MFE hält bereits knapp 30 Prozent an dem Unternehmen aus Unterföhring bei München. Die Bayern stehen unter Druck von MFE und dem tschechischen Großaktionär PPF, Randgeschäfte wie Verivox und den Online-Kosmetik-Anbieter Flaconi zu verkaufen, um sich auf das Kerngeschäft TV und Unterhaltung zu fokussieren.
ProSiebenSat.1-Chef Bert Habets sprach von einem Meilenstein auf dem Weg, das Unternehmen auf Entertainment zu fokussieren. Der Deal mit General Atlantic gebe ProSiebenSat.1 “die volle Flexibilität und Kontrolle bei den geplanten Veräußerungen weiterer Assets außerhalb unseres Kerngeschäfts, einschließlich Flaconi”. Die Senderkette bekräftigte, dass der Verkaufsprozess für den Online-Kosmetik-Händler weiter laufe.
Ende Mai gibt es eine Hauptversammlung bei ProSiebenSat.1. Bis dahin muss noch ein neuer Aufsichtsratschef gefunden werden. Denn der amtierende Vorsitzende des Kontrollgremiums, der frühere Axel Springer-Manager Andreas Wiele, hatte eine weitere Amtszeit abgelehnt – und dies mit dem Machtkampf zwischen ProSiebenSat.1 und seinen beiden Großaktionären begründet. In der Branche gilt es als nicht unwahrscheinlich, dass MFE nach der Aktionärsversammlung eine Übernahme angeht.
GA STEIGT BEI PROSIEBEN EIN – BEI JOINT-VENTURE AUS
Um den Verkauf von Verivox über die Bühne zu bekommen, hat ProSiebenSat.1 einen Deal mit General Atlantic (GA) abgeschlossen und damit strukturelle Vereinfachungen für weitere Verkäufe geschaffen. Der US-Investor ist langjähriger Joint-Venture-Partner von ProSiebenSat.1 bei der Dating-Sparte PaarshipMeet Group und bei der E-Commerce-Holding NuCom, die etwa Verivox und Flaconi kontrolliert. Teil des Deals ist, dass ProSiebenSat.1 alleiniger Eigner der Gemeinschaftsfirma NuCom (ohne Flaconi) und der ParshipMeet Group wird und die Minderheitsanteile von General Atlantic übernimmt.
Im Gegenzug erhält der US-Investor Aktien aus dem Bestand von ProSiebenSat.1 über rund 2,5 Prozent – mit einem Marktwert von rund 38 Millionen Euro – und zehn Millionen Euro in bar. Zudem bekommt GA eine Beteiligung am Ausstiegserlös von 50 Millionen Euro, wenn ProSiebenSat.1 aus der Dating-Sparte ParshipMeet Group aussteigt.
ProSiebenSat.1 senkte wegen des Verivox-Verkaufs seine Ziele für 2025. Nun erwarte man einen Umsatzrückgang auf rund 3,85 (Vorjahr: 3,92) Milliarden Euro, mit einer Spanne von plus/minus 150 Millionen Euro. Beim operativen Gewinn (bereinigtes Ebitda) rechnet der Konzern mit 520 (Vorjahr: 557) Millionen Euro, bei einer Varianz von plus/minus 50 Millionen Euro.
Die ProSiebenSat.1-Aktie lag am Nachmittag über ein Prozent im Plus, auch die Moltiply-Papiere notierten ein Prozent fester.
(Bericht von Klaus Lauer, redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)