Bundesregierung reagiert gelassen auf Kritik aus US-Regierung

Berlin (Reuters) – Die Bundesregierung hat gelassen auf bekanntgewordene Kritik von US-Vizepräsident JD Vance und Verteidigungsminister Pete Hegseth reagiert.

“Die Kontakte sind auch gut und belastbar und insofern gibt es da keinen Bedarf, sich noch weiter oder noch enger auszutauschen”, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Mittwoch in Berlin. Finanzminister Jörg Kukies reise am Mittwoch zu Gespräche mit seinem US-Kollegen nach Washington. Die Bundesregierung sei trotz der Handelsstreitigkeiten gegen einen Boykott von US-Waren.

In den USA war durch ein Versehen ein Journalist in eine Chatgruppe höchster US-Regierungsmitglieder über bevorstehende US-Angriffe auf die Huthi-Miliz im Jemen eingeladen worden. Vance und Hegseth beklagten in dem nun öffentlich gewordenen Chat, dass die USA sich im Roten Meer engagieren müssten, obwohl nur drei Prozent der Schiffsfracht für die USA, aber 40 Prozent für Europa durch den Suez-Kanal gingen. Deshalb müsse man von Europa mehr einfordern. “Ich würde da doch zu einer gewissen Gelassenheit raten”, sagte der Regierungssprecher in Berlin.

Dennoch gibt es Spannungen. Das Auswärtige Amt hatte seine Reisehinweise für die USA verschärft, nachdem auch deutsche Einreisenden inhaftiert oder zurückgewiesen worden waren. Die Bundesregierung und die EU denken darüber nach, ob sie Wissenschaftler aus den USA aufnehmen sollen, denen die Trump-Regierung aus politischen Gründen die Fördergelder streicht.

Den Boykott US-amerikanischer Waren lehnte er ab. “Sie wissen, dass die Bundesregierung an guten Beziehungen und auch guten Handelsbeziehungen zu den USA interessiert ist. Und wir tun auch alles dafür”, sagte er. Gerade für eine exportstarke Nation wie Deutschland gelte, “dass wir nicht mehr Handelshemmnisse brauchen, sondern weniger”, betonte Hebestreit. “Insofern schließen wir uns solchen Forderungen nicht an.” Zuvor hatte sich auch der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Dirk Jandura, gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, gegen solche Boykotts ausgesprochen.

Der Regierungssprecher verwies zudem darauf, dass die USA und Russland in ihren Gesprächen über die Ukraine auch keine Absprachen treffen könnten, die die EU beträfen. So hatte Russland als Voraussetzung für einen befristeten Waffenstillstand mit der Ukraine gemacht, dass russische Banken wieder Zugang zu dem internationalen Finanzabwicklungssystem Swift erhalten müssten. Hebestreit verwies darauf, dass die Swift-Zentrale in Belgien sitze und deshalb europäisches Recht gelte. “Ich kenne keinerlei Bestrebungen innerhalb Europas, diese Sanktionen aufzuheben”, betonte Hebestreit.

Die EU habe russische Banken wegen des Überfalls auf die Ukraine von Swift ausgeschlossen. “Sollte sich das ändern, müsste das aus dem Kreise der europäischen Staats- und Regierungschefs erst mal miteinander diskutiert werden und dazu entschieden werden. Und eine solche Initiative kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht erkennen”, sagte er. Entsprechende Vereinbarungen etwa über Swift zwischen Washington und Moskau wären angesichts der Rechtslage also nicht bindend.

(Bericht von Andreas Rinke; redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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