Immer weniger Inflation im Euro-Raum – April-Zinssenkung wahrscheinlicher

– von Frank Siebelt und Rene Wagner

Frankfurt (Reuters) – Die Inflation im Euro-Raum ist immer mehr auf dem Rückzug und liefert der Europäischen Zentralbank (EZB) Argumente für eine erneute Zinssenkung.

Im März stiegen die Verbraucherpreise in der 20-Länder-Gemeinschaft nur noch um 2,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, wie das EU-Statistikamt Eurostat am Dienstag in einer ersten Schätzung mitteilte. Im Februar hatte die Teuerung noch bei 2,3 und im Januar bei 2,5 Prozent gelegen. Für die Währungshüter um EZB-Chefin Christine Lagarde, die seit Mitte 2024 bereits sechs Mal die Zinsen gesenkt haben, sind das gute Nachrichten: Ihr Inflationsziel von 2,0 Prozent rückt damit in Reichweite. Der nächste EZB-Zinsentscheid ist am 17. April.

“Die Verfechter für eine weitere Zinssenkung der EZB werden vor allem durch den Rückgang der Dienstleistungsinflation in ihrer Position gestärkt”, kommentierte die Konjunkturexpertin Stephanie Schoenwald von der staatlichen Förderbank KfW die Daten. Zusammen mit der Sorge um eine Schwächung der ohnehin angeschlagenen europäischen Wirtschaft durch steigende US-Einfuhrzölle spreche das für eine weitere Rücknahme des Einlagensatzes bereits im April. Michael Herzum, Leiter Volkswirtschaft bei Union Investment, meint: “Im Gegensatz zur US-Notenbank Fed, die es mit einer hartnäckigen Inflation deutlich oberhalb des Zielwerts zu tun hat, kann die EZB auf ihrem Zinssenkungskurs bleiben.” Er erwarte bis Juni noch zwei Senkungen bis auf zwei Prozent beim Einlagesatz. “Die noch schwache Konjunktur unterdrückt derzeit einen stärkeren Preisauftrieb,” so der Experte.

Die Teuerungsrate bei den Dienstleistungen, die zuletzt einer der stärksten Inflationstreiber waren, ging im März weiter zurück. Ihre Preise nahmen nur noch um 3,4 Prozent zu nach 3,7 Prozent im Februar. Die Energiepreise sanken sogar um 0,7 Prozent. Im Februar waren sie noch leicht um 0,2 Prozent gestiegen. Lebensmittel, Alkohol und Tabak verteuerten sich dagegen im März um 2,9 Prozent nach 2,7 Prozent im Februar. Die Preise für Industriegüter ohne Energie erhöhten sich wie schon im Februar um 0,6 Prozent.

AUCH KERNRATE SINKT

Freuen dürfte die Währungshüter, dass die Kerninflation, bei der die schwankungsreichen Preise für Energie, Lebensmittel, Alkohol und Tabak ausgeklammert werden, sich im März auf 2,4 Prozent abschwächte nach 2,6 Prozent im Februar. Volkswirte hatten 2,5 Prozent erwartet. Die EZB hat dieses Maß besonders im Blick, denn es bildet zugrunde liegende Inflationstrends gut ab. Commerzbank-Volkswirt Vincent Stamer rechnet damit, dass die Kernrate in den kommenden Monaten weiter sinken und dem EZB-Ziel von zwei Prozent sehr nahe kommen wird. “Das spricht für eine weitere Zinssenkung der EZB im April”, meint Stamer. Am Finanzmarkt wird derzeit die Wahrscheinlichkeit für einen solchen Schritt auf um die 80 Prozent eingestuft.

Den Währungshütern macht momentan die erhöhte Unsicherheit zu schaffen, die insbesondere durch das Hin-und-Her von US-Präsident Donald Trump in der Zollpolitik ausgelöst wurde. Das lässt Unternehmen bei Investitionen eher vorsichtig agieren und dämpft auch den Konsum. Die ohnehin schwächelnde Wirtschaft in der Euro-Zone könnte dadurch noch weiter gebremst werden. EZB-Vertreter einer lockeren Linie in der Zinspolitik hatten jüngst für eine Fortsetzung des Senkungskurses im April argumentiert. Sie hatten unter anderem angeführt, dass die Notenbank ihr Inflationsziel von 2,0 Prozent möglicherweise schon früher erreichen könnte, als die jüngsten Projektionen der EZB-Volkswirte es voraussagen. In diesen wird davon ausgegangen, dass das EZB-Ziel erst Anfang 2026 erreicht wird.

Eine weiterer Rückgang der Inflation im März hatte sich abgezeichnet, nachdem bereits die März-Daten aus einzelnen Euro-Ländern positiv ausgefallen waren. In Deutschland, der größten Volkswirtschaft im Euro-Raum, ging die Teuerungsrate nach europäischer Berechnung im März auf 2,3 Prozent zurück nach 2,6 Prozent im Februar. In Spanien sank sie von 2,9 auf 2,2 Prozent. Frankreich ist zur Zeit das Land mit der niedrigsten Inflation unter den Euro-Staaten: Dort lag die Teuerung im März wie schon im Februar lediglich bei 0,9 Prozent.

(Bericht von Frank Siebelt, redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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