J&J scheitert erneut mit Milliarden-Vergleich in Babypuder-Skandal

New York (Reuters) – Der US-Pharma- und Konsumgüterkonzern Johnson&Johnson (J&J) hat im Streit um mutmaßlich asbestverseuchtes Babypuder einen erneuten Rückschlag erlitten.

Ein US-Konkursrichter lehnte am Montag einen Vergleichsvorschlag des Unternehmens in Höhe von zehn Milliarden Dollar ab, mit dem mehr als 60.000 Klagen beigelegt werden sollten. Klägerinnen werfen J&J vor, dass sein Babypuder und andere Talkumprodukte Eierstockkrebs verursacht haben. Damit ist die Konkursstrategie des Konzerns zum dritten Mal vor Gericht gescheitert. J&J hat bereits zwei erfolglose Anläufe unternommen, die Klagen durch die Insolvenz einer Tochtergesellschaft beizulegen.

Der zuständige US-Konkursrichter Christopher Lopez in Houston entschied, dass das Unternehmen nicht in ein Insolvenzverfahren gehöre. “Auch wenn die Entscheidung des Gerichts keine leichte ist, ist sie die richtige”, schrieb Lopez in seiner Urteilsbegründung. Der Vergleich habe nicht genügend Unterstützung unter den Klägerinnen gefunden und hätte auch andere Firmen – darunter Einzelhändler und J&Js 2023 ausgegliedertes Konsumgütergeschäft Kenvue – vor künftigen Klagen geschützt. Der Vorschlag sei mit zu vielen Problemen behaftet, um im Insolvenzverfahren gelöst zu werden.

J&J erklärte, nicht in Berufung gehen zu wollen. Der Konzern habe auch nicht die Absicht, die Klagen beizulegen. Stattdessen wolle J&J vor Gericht weiter gegen “diese unbegründeten Talkum-Klagen” kämpfen. Das Unternehmen weist den Vorwurf zurück, dass seine Produkte Asbest enthalten oder krebserregend sind. J&J hatte den Verkauf von talkumbasiertem Babypuder in den USA 2020 eingestellt und war auf eine Variante mit Maisstärke umgestiegen.

Kritiker des Vergleichs, darunter Anwälte von Krebspatientinnen und ein staatlicher Insolvenzaufsichtsbeamter, hatten argumentiert, dass J&J als finanzstarkes Unternehmen das Insolvenzrecht nicht nutzen dürfe, um sich vor einer gerichtlichen Auseinandersetzung zu schützen. “J&Js Insolvenzstrategie war nichts weiter als ein taktisches Manöver in schlechter Absicht, um sich der vollen Verantwortung zu entziehen”, erklärte Andy Birchfield, ein Anwalt der Klägerseite.

Richter Lopez bemängelte zudem Unregelmäßigkeiten bei der Abstimmung über den Vergleich. J&J hatte 90.000 Stimmen gesammelt und angegeben, dass 83 Prozent der Kläger dem Vorschlag zugestimmt hätten. Der Richter erklärte jedoch, dass “mindestens die Hälfte dieser Stimmen nicht gezählt werden sollten.” So hätten einige Anwälte für ihre Mandanten abgestimmt, ohne dazu ermächtigt gewesen zu sein.

Der Vergleich hätte über 60.000 Klagen wegen mutmaßlich asbestverseuchtem Babypuder beendet und ähnliche Klagen in Zukunft verhindert. J&J hatte berechnet, dass betroffene Krebspatientinnen durch den Vergleich zwischen 75.000 und 150.000 Dollar erhalten hätten, abhängig von der Schwere der Erkrankung und der Anzahl der berücksichtigten aktuellen und zukünftigen Fälle. Während der jüngste Insolvenzplan Eierstock- und andere gynäkologische Krebserkrankungen abdecken sollte, hatte J&J zuvor separat Klagen im Zusammenhang mit Mesotheliom, einer seltenen Krebsart durch Asbestexposition, beigelegt.

(Bericht von Dietrich Knauth, geschrieben von Patricia Weiß, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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