Deutsche Wirtschaft will China wieder mehr als “Partner” sehen

– von Andreas Rinke

Berlin (Reuters) – In China tätige Unternehmen fordern die Bundesregierung angesichts der Unsicherheiten der US-Zollpolitik zu einer Kehrtwende in der China-Politik auf.

“Deutsche Unternehmen in China erwarten mehr Rückhalt von der Bundesregierung und eine ausgewogenere Beziehung, die China auch als Partner sieht”, sagte Oliver Oehms, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Handelskammer in Nordchina, der Nachrichtenagentur Reuters am Dienstag. “Denn die derzeitige Wahrnehmung Chinas in Deutschland stellt für die Unternehmen eine erhebliche Hürde dar.” Die aktuelle handelspolitische Lage biete China sowie der EU eine Chance, neue Brücken zu bauen, fügte er in Anspielung auf die US-Zölle und die Unsicherheit im Handel mit den USA hinzu.

Die Forderung stellt einen Kurswechsel zu der in den vergangenen Jahren vor allem auf Risiko-Abbau im China-Geschäft fokussierten deutschen Politik dar. Auch die “Frankfurter Allgemeine Zeitung” hat berichtet, dass Dutzende Firmen in einer Vorlage für die künftige Bundesregierung fordern, China mehr als Partner und nicht als Gegner anzusehen. “Einige deutsche Unternehmen machen ganz grundsätzlich Druck, dass die neue Bundesregierung unter diesen neuen Vorzeichen eine neue Tonalität mit Peking anschlagen soll – und Rahmenbedingungen für Engagement ohne Zurückhaltung schaffen soll”, sagte Mikko Huotari, Direktor des China-Instituts Merics, zu Reuters.

Tatsächlich stünden durch die US-Zollpolitik sowohl die EU als auch China unter Druck, “alle Anker in den Außenwirtschaftsbeziehungen zu sichern”, sagte Huotari. “Chinas Offensive und europäische Offenheit dafür hat zuletzt zumindest mehr an Fahrt gewonnen. Dem wird sich auch ein Kanzler Merz nicht in den Weg stellen.” Wenn China echte, weitergehende Angebote auf den Tisch lege wie Preiskontrollen und Exportbeschränkungen bei E-Autos, Kontrolle von Überkapazitäten und einen besseren Marktzugang in China, werde sich diese Dynamik beschleunigen.

In der Regierungszeit der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP war eine neue China-Strategie verabschiedet worden, die deutlich kritisch war und vor allem die Rolle des kommunistischen Regimes als “systemischer Rivale” für Demokratien betonte und vor Lieferabhängigkeiten warnte. Auch im Koalitionsvertrag von Union und SPD heißt es, dass man die China-Strategie nach dem Prinzip des De-Risking überarbeiten wolle. Man müsse einseitige Abhängigkeiten abbauen und auf “volle Reziprozität” in den Beziehungen pochen. Die deutschen Exporte nach China brachen im Januar und Februar laut Statistischem Bundesamt um 18,6 Prozent ein – während die Importe um 15 Prozent stiegen.

Die Grünen-Co-Chefin Franziska Brantner forderte die EU auf, die verhängten US-Zölle gegen China zu nutzen, um ihrerseits Zugeständnisse von Peking zu bekommen. “Denn China möchte den Zugang zu Europa nicht verlieren”, sagte Brantner zu Reuters. Chinas Führung könne am Beispiel der Elektromobilität zeigen, dass sie bereit für fairen Handel sei. Falls China zudem auf dem europäischen und deutschen Markt präsent sein wolle, seien faire Wettbewerbsbedingungen etwa durch Joint Ventures nötig.

(Bericht von Andreas Rinke; redigiert von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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