– von Joshua McElwee
Rom (Reuters) – Papst Franziskus ist tot.
Das Oberhaupt der katholischen Kirche sei am Montagmorgen im Alter von 88 Jahren gestorben, teilte der Vatikan mit. Der zuletzt an einer doppelten Lungenentzündung erkrankte Papst hatte sich noch am Ostersonntag auf dem Petersplatz in Rom erstmals wieder in der Öffentlichkeit gezeigt. Der Argentinier war im März 2013 zum Nachfolger des aus Deutschland stammenden, zurückgetretenen Papstes Benedikt XVI. gewählt worden. Ein neues Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche muss nun von den wahlberechtigten Kardinälen im Konklave auserkoren werden, also hinter verschlossenen Türen. Das Konklave beginnt 15 bis 20 Tagen nach dem Tod des Papstes. Aus der ganzen Welt kamen Trauerbekundungen und Anerkennung für Franziskus, der zeitlebens bescheiden auftrat und als den Armen zugewandt galt.
“Liebe Brüder und Schwestern, mit tiefer Traurigkeit muss ich den Tod unseres Heiligen Vaters Franziskus bekanntgeben”, teilte Kardinal Kevin Farrell im vatikanischen Fernsehen mit. “Heute Morgen um 07.35 Uhr ist der Bischof von Rom, Franziskus, in das Haus des Vaters zurückgekehrt.”
AUFTRITT IM PAPAMOBIL AM SONNTAG – “MANN DER STRASSE”
Am Ostersonntag hatte Franziskus nach der Ostermesse im Vatikan in Papamobil unter freiem Himmel auf dem Petersplatz Zehntausende Katholiken begrüßt. In seiner von einem Mitarbeiter verlesenen Ansprache forderte er eine sofortige Waffenruhe im Gazastreifen. Zudem gab es ein kurzes privates Treffen im Vatikan mit US-Vizepräsident JD Vance.
Auf seinen zahlreichen Auslandsreisen zog Franziskus als erstes aus Lateinamerika stammendes Kirchen-Oberhaupt riesige Menschenmengen an. Der gebürtige Argentinier Jorge Mario Bergoglio war am 13. März 2013 zum Papst gewählt worden – zur Überraschung vieler Kirchenkenner, die den für seine Sorge um die Armen bekannten Kleriker als Außenseiter gesehen hatten. In einem Interview mit Reuters 2018 sagte Franziskus, er vermisse Argentinien nicht: “Ich vermisse nur die Straße. Ich bin ein ‘callejero’ (ein Mann der Straße).”
FRANZISKUS LEHNTE POMP UND PRIVILEGIEN AB
Franziskus war der erste Jesuitenpapst der Geschichte. Er galt als Reformer und zeigte sich um Schlichtheit bemüht. Die prunkvollen päpstlichen Gemächer im Apostolischen Palast, die von seinen Vorgängern genutzt wurden, bezog er nie. Er verzichtete demonstrativ auf Pomp und Privilegien. Bei seinem Amtsantritt lehnte er die traditionelle karmesinrote, mit Pelz besetzte “Mozzetta” ab. Auch die luxuriösen roten “Schuhe des Fischers” blieben im Schrank.
Franziskus wollte die Kirche für mehr Gläubige öffnen und rief dazu auf, Homosexuelle mehr Willkommen zu heißen. Dennoch verbot der Vatikan 2021 Priestern die Segnung gleichgeschlechtlicher Ehen. 2020 lehnte Franziskus es ab, einige verheiratete Männer in entlegenen Gebieten zu ordinieren. Zugleich berief Franziskus mehr Frauen in leitende Positionen im Vatikan als jeder seiner Vorgänger. Er stieß den Dialog der katholischen Kirche mit dem Islam an, indem er als erster Papst die Arabische Halbinsel besuchte. Franziskus ging auch gegen sexuellen Missbrauch durch Geistliche vor. 2019 berief er fast 200 Kirchenführer zu einem Gipfeltreffen und setzte ein Dekret durch, das Bischöfe direkt für sexuellen Missbrauch oder dessen Vertuschung verantwortlich machte.
Im Laufe seines Pontifikats sah er sich auch heftiger Kritik von Konservativen ausgesetzt, die ihm vorwarfen, liebgewonnene Traditionen zu zerstören. Er zog auch den Zorn der Progressiven auf sich, die ihm vorwarfen, dass er mehr hätte tun müssen, um die 2000 Jahre alte Kirche umzugestalten.
MEHRHEIT DER KARDINÄLE VON FRANZISKUS ERNANNT
Vieles setzte Franziskus gegen den Widerstand des konservativen Flügels in der Kirchenhierarchie durch. Manches spricht dafür, dass die Kirche seinen Kurs nach seinem Tod beibehalten könnte: Franziskus ernannte etwa 80 Prozent der Kardinäle, die nun im Konklave den nächsten Papst wählen werden. Das Konklave beginnt 15 bis 20 Tage nach dem Tod des Oberhaupts.
Zunächst werden Trauerfeierlichkeiten für neun Tage angesetzt und der Papst im Petersdom aufgebahrt. Im Gegensatz zu vielen seiner Vorgänger will Franziskus nicht in der Krypta des Petersdoms, sondern in der Basilika Santa Maria Maggiore in Rom beigesetzt werden, und zwar in einem einfachen Holzsarg.
SCHOLZ: WELT VERLIERT FÜRSPRECHER DER ARMEN
Die Welt verliere einen Fürsprecher der Schwachen, einen Versöhner und warmherzigen Menschen, erklärte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Sein voraussichtlicher Nachfolger Friedrich Merz (CDU) würdigte Franziskus “für seinen unermüdlichen Einsatz für die Schwächsten der Gesellschaft, für Gerechtigkeit und Versöhnung”. Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni äußerte sich bestürzt: “Ich hatte das Privileg, seine Freundschaft, seinen Rat und seine Lehren zu genießen, die selbst in Zeiten der Prüfung und des Leidens nie aufhörten.” Israels Präsident Isaac Herzog sprach von einem Mann des “tiefen Glaubens, des Friedens und des Mitgefühls”.
Geboren wurde Franziskus am 17. Dezember 1936 in Buenos Aires. Nach einer Ausbildung als Chemietechniker entschied er sich für das Priesteramt und wurde 1969 geweiht. 1973 wurde er zum Provinzial des Jesuitenordens für Argentinien gewählt. In diese Zeit fiel die Militärdiktatur, während der rund 30.000 Menschen verschleppt und ermordet wurden. In seiner Heimat wurde der Vorwurf erhoben, Bergoglio habe als Jesuiten-Provinzial während der Militärdiktatur Ordensbrüdern nicht ausreichend Rückendeckung gegeben.
(Büro Rom. Geschrieben von Holger Hansen. Redigiert von Kerstin Dörr.; Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)