Frankfurt (Reuters) – Die jüngste Erholung beim Dax ist am Donnerstag ins Stocken geraten.
Trotz der zuletzt versöhnlicheren Töne im US-Zollkrieg mit China verlor der deutsche Leitindex zeitweise ein Prozent auf 21.731 Punkte, der EuroStoxx50 gab 0,8 Prozent nach. Es sei nicht klar, ob die Äußerungen auf der Trump-Seite unbedingt auf einer soliden Grundlage beruhten, sagte Ipek Ozkardeskaya von der Swissquote Bank. Daher habe sich der fragile Optimismus auch nicht halten können. Am Mittwoch hatte der Dax mit einem Plus von 3,1 Prozent an der 22.000-Punkte-Marke gekratzt. Nach Verhängung der US-Zölle Anfang April war er zeitweise bis auf 18.489 Zähler eingebrochen.
Medienberichten zufolge prüft die US-Regierung derzeit, ihre Zölle auf chinesische Importe zu senken, um die Spannungen mit der Regierung in Peking abzubauen. Auf Dauer seien die zuletzt sprunghaft nach oben geschossenen Zölle zwischen den beiden weltgrößten Volkswirtschaften nicht haltbar, sagte US-Finanzminister Scott Bessent am Mittwoch. Laut einem Artikel des “Wall Street Journal” könnten die US-Zölle bis auf 50 Prozent reduziert werden. Damit dürfte aber immer noch ein erheblicher Teil des gegenseitigen Handels beeinträchtigt sein. Das chinesische Handelsministerium forderte die USA am Donnerstag auf, alle neuen Zöllen wieder rückgängig zu machen, wenn Washington ein ernstes Interesse an einer Lösung haben sollte.
BÖRSENWETTER BLEIBT UNBESTÄNDIG
Jürgen Molnar von RoboMarkets erwartet, dass die Volatilität an den Märkten angesichts eines “völlig unberechenbaren US-Präsidenten Trump” weiter hoch bleiben wird. Auch wenn sich der Dax berappelt habe, bleibe Vorsicht angesagt. “Das nächste Gewitter ist nur ein paar dunkle Wolken oder ein paar neue Einlassungen aus dem Weißen Haus entfernt.”
Die anhaltende Verunsicherung in puncto Zollpolitik war auch am Devisenmarkt zu spüren. Der Dollar-Index nahm seinen Abwärtstrend wieder auf und gab in der Spitze 0,6 Prozent auf 99,2460 Punkte nach. Dass die US-Regierung inzwischen in vielen Fällen wieder zurückgerudert sei, sei nur ein schwacher Trost, da es dadurch nicht einfacher werde, vorherzusagen, wo die Reise hingehen solle, sagte Commerzbank-Analystin Thu Lan Nguyen. Anleger fürchten, dass es aufgrund des von Trump angezettelten Handelskriegs zu einer weltweiten Rezession kommen könnte. Der Internationale Währungsfonds hat gerade seine Prognosen für das Wachstum der Weltwirtschaft deutlich gesenkt. Der Euro rückte angesichts der Dollar-Schwäche in der Spitze um 0,7 Prozent auf 1,1392 Dollar vor.
IFO-INDEX SORGT FÜR LICHTBLICK
Für einen kleinen Lichtblick sorgte der Ifo-Index, der im April überraschend auf 86,9 Punkte stieg nach 86,7 Zählern im März. Es war der vierte Anstieg in Folge. Die Lageeinschätzung habe sich gegenüber dem Vormonat verbessert und die Geschäftserwartungen nur unerwartet wenig eingetrübt, resümiert Marc Schattenberg, Volkswirt bei Deutsche Bank Research. “Letzteres könnte unter anderem die Hoffnung widerspiegeln, dass es mit Blick auf die neuen Zölle schließlich zu einem gütlichen Kompromiss zwischen den USA und der EU kommt.”
Auf der Unternehmensseite bewegten vor allem Quartalsberichte die Kurse. Spitzenreiter im Dax waren die Adidas-Aktien mit einem Plus von drei Prozent. Der Sportartikelhersteller schwimmt weiter auf der Erfolgswelle. Umsatz und operativer Gewinn übertrafen erneut die Erwartungen.
Einen guten Tag erwischten auch Infineon, die nach einem Quartalsergebnis bei Texas Instruments über Markterwartungen 2,7 Prozent fester notierten. Eine robuste Nachfrage schob Erlöse und Gewinn bei dem Spezialisten für Analog-Chips an. Auch der Ausblick auf das laufende Vierteljahr überraschte positiv. Die Aktien gewannen im vorbörslichen US-Handel 3,5 Prozent.
Kursverluste mussten dagegen die Rüstungswerte hinnehmen: Spekulationen auf eine mögliche Einigung im Ukraine-Krieg drückten Rheinmetall und Hensoldt mehr als zwei Prozent ins Minus. Die Titel von Renk verloren bis zu 3,8 Prozent. Russland sei zu einer Übereinkunft bereit, sagte US-Präsident Trump, der zugleich den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj unter Druck setzte. Dieser machte deutlich, dass die Ukraine als Teil einer Übereinkunft nicht auf die Krim verzichten werde.
An der Pariser Börse warfen die Anleger Kering angesichts eines überraschend starken Umsatzrückgangs aus ihren Depots. Vor allem die Erlöse der Marke Gucci brachen im ersten Quartal stark ein. Die Aktien des Luxusgüterherstellers fielen zeitweise um knapp sieben Prozent. Konkurrenten wie Burberry gaben mehr als drei Prozent nach.
(Bericht von: Daniela Pegna. Redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)