– von Andreas Rinke und Alexander Hübner
Berlin/München (Reuters) – CDU und CSU haben den nächsten Schritt zur Regierungsbildung mit der SPD absolviert: Der kleine Parteitag der CDU billigte am Montag mit großer Mehrheit den Koalitionsvertrag.
CDU-Chef Friedrich Merz und der CSU-Vorsitzende Markus Söder präsentierten ihre designierten Kabinettsmitglieder für die angestrebte schwarz-rote Regierung. Neben erwarteten Namen gab es auch handfeste Überraschungen. So soll die ehemalige brandenburgische Bundestagsabgeordnete Katherina Reiche Wirtschaftsministerin, der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionschef Johann Wadephul Außenminister und der Vorstandschef der börsennotierten Ceconomy AG, Karsten Wildberger, Chef des neuen Digitalministeriums werden. Wie erwartet wird der bisherige CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt neuer Innenminister. Aus der Wirtschaft kamen überwiegend positive Reaktionen.
Als künftiger Verkehrsminister ist der CDU-Bundestagsabgeordnete Patrick Schnieder vorgesehen. Die aus Baden-Württemberg stammende CDU-Politikerin Nina Warken soll Gesundheitsministerin werden, die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien das erweiterte Bildungs- und Familienministerium übernehmen. Merz will zudem mit Michael Meister (Bund-Länder-Zusammenarbeit), Christiane Schenderlein (Sport und Ehrenamt) und dem Verleger Wolfram Weimer (Kultur und Medien) drei Staatsminister ins Kanzleramt holen.
In München stellte Söder die drei CSU-Ministerinnen- und Minister vor. Neben Dobrindt als Innenminister sind dies die bisherige CDU/CSU-Fraktionsvize Dorothee Bär als Forschungsministerin und überraschenderweise der niederbayerische Bundestagsabgeordnete und gelernte Metzgermeister Alois Rainer als Bundeslandwirtschaftsminister. Die SPD will erst nach der Bekanntgabe des Mitgliederentscheids am 30. April ihre Kabinettsmitglieder am 5. Mai bekanntgeben. Am 6. Mai soll Merz vom Bundestag zum Kanzler gewählt werden.
Die Union traf auch Vorentscheidungen für die künftige Bundestagsfraktion: Merz schlug im CDU-Bundesvorstand den bisherigen Fraktionsvize Jens Spahn als seinen Nachfolger an der CDU/CSU-Fraktionsspitze vor. Alexander Hoffmann soll Nachfolger von Dobrindt als CSU-Landesgruppenchef werden.
UNTERSCHIEDLICHE REAKTIONEN
Die Zustimmung des CDU-Bundesausschusses zum Koalitionsvertrag hatte bereits zuvor als sicher gegolten. Merz hatte vor der Abstimmung für ein Ja geworben und eine härtere Migrationspolitik ab “Tag 1” seiner Regierung angekündigt. “Wir können diesen Koalitionsvertrag mit gutem Wissen empfehlen”, sagte er. Er verstehe die Kritik in der Partei an der Lockerung der Schuldenbremse, dies sei aber wegen der internationalen Lage nötig gewesen. Er verwies darauf, dass die Bildung einer Koalition mit der SPD die rechnerisch einzige Möglichkeit für ein Bündnis von Mitte-Parteien nach der Bundestagswahl sei. Deshalb müsse die Regierung nun beweisen, dass sie die Probleme lösen könne. Die Union hat eine Koalition mit der AfD als künftig zweitstärkster Fraktion im Bundestag ausgeschlossen. Merz sprach deshalb von einer “Arbeitskoalition” mit der SPD.
Aus der Wirtschaft und von Ökonomen kamen überwiegend positive Reaktionen. Dass “eine erfahrene Energiemanagerin” und Politikerin neue Ministerin für Wirtschaft und Energie werde, sei ein wichtiges Signal”, sagte die BDI-Hauptgeschäftsführerin Tanja Gönner. “Positiv ist, dass Merz externe Fachleute mit viel Sachverstand ins Kabinett holt. Das kann sich auszahlen”, sagte der Düsseldorfer Professor für International Economics, Jens Südekum, der Nachrichtenagentur Reuters. Zustimmung kam auch aus den Energieverbänden. Der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Peter Adrian, forderte am Montag eine enge Zusammenarbeit der neuen Ministerin mit der Wirtschaft.
Scharfe Kritik kam dagegen von den Linken und der AfD. “Ein Media-Markt-Chef, ein ehemaliger Springer-Chefredakteur und eine Atomkraftfreundin – die CDU befördert das Land in die Vergangenheit”, sagte der Linken-Co-Chef Jan van Aken der “Augsburger Allgemeinen” und sprach von einem “Gruselkabinett”. Der gesundheitspolitische Sprecher der AfD, Martin Sichert, kritisierte, dass die Nominierung von Warken eine “Geringschätzung” der Gesundheitspolitik sei. Warken habe in den Koalitionsverhandlungen die Themen Innen, Recht, Migration und Integration mitverhandelt.
(Mitarbeit: Christian Krämer, Rene Wagner, Hakan Ersen, Holger Hansen, redigiert von Christian Rüttger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)