Trump kommt US-Autobranche bei Zöllen entgegen

– von David Lawder und Andrea Shalal

Washington/Berlin (Reuters) – Die US-Regierung will nach den jüngsten Konsultationen mit Autoherstellern die Folgen der von Präsident Donald Trump eingeführten Sonderzölle abmildern.

Trump werde im Laufe des Tages dazu einen Erlass unterzeichnen, kündigte seine Pressesprecherin Karoline Leavitt am Dienstag an. Er wurde anlässlich seiner ersten 100 Tage im Amt in Michigan erwartet, dem traditionellen Herzen der US-Autoindustrie. Handelsminister Howard Lutnick erläuterte, dass die neuen Maßnahmen den Autoherstellern Zeit geben sollten, ihre Lieferketten innerhalb der USA aufzubauen. Er nahm dabei Bezug auf Gespräche mit den Autobauern. Eine Reihe von ihnen – darunter Volkswagen – und andere Branchenvertreter hatten zuletzt in einem Schreiben vor den Folgen der Zölle gewarnt.

Trumps Erlass soll den zunächst vorliegenden Angaben zufolge eine Mischung aus Gutschriften und Erleichterungen bei Abgaben auf Bauteile und Rohstoffe vorsehen. Die Gutschriften sollen Lutnick zufolge bis zu 15 Prozent des Wertes der in den USA montierten Fahrzeuge ausmachen und könnten auf importierte Einzelteile angerechnet werden. Auf alle Autos, die zu mindestens 85 Prozent aus im Land gefertigten Einzelteilen bestehen, sollen keine Zölle erhoben werden. Dies gelte auch für ausländische Autohersteller, die in den USA produzieren. Das System sei über drei Jahre abgestuft, damit die Kfz-Hersteller die Lieferketten in den USA aufbauen könnten, hieß es zunächst.

“BAUEN SIE IHRE AUTOS IN AMERIKA”

Es gelte das Prinzip “Bauen Sie Ihre Autos in Amerika”, um zu den Gewinnern zu gehören, sagte Lutnick. Der neue Erlass gehe auf Diskussionen mit den Autobauern zurück, sagte er. Bis dahin sei nicht klar gewesen, dass selbst niedrige Zölle die Konzerne von Neueinstellungen und Investitionen abhalten würden. Trump hatte zunächst einen Aufschlag von 25 Prozent für Fahrzeuge angekündigt. Zudem gibt es unter anderem einen 25-prozentigen Zoll auf Stahl und Aluminium. Hier sollen die Autobauer nicht beide zahlen, sondern nur den jeweils höheren, hieß es. Vergangene Woche hatten Fahrzeugfirmen Lutnick und andere hochrangige Regierungsvertreter wegen der Zölle angeschrieben und vor einem “Domino-Effekt” bei den Preisen gewarnt.

Das “Wall Street Journal” hatte zuerst über die Erleichterungen berichtet. Die Autohersteller begrüßten sie noch vor der offiziellen Ankündigung: Ford-Chef Jim Farley sagte, die Änderungen würden helfen, die Folgen der Zölle für Produzenten, Zulieferer und Konsumenten abzumildern. General-Motors-CEO Mary Barra erklärte, die Regierung sorge für fairere Wettbewerbsbedingungen für GM und andere Betriebe und mache mehr Investitionen in den USA weiter möglich. Jedoch traute sich GM angesichts der Zollspirale keine Prognose mehr zu. “Wir glauben, dass die Auswirkungen der Zölle signifikant sein können”, sagte Finanzchef Paul Jacobson.

LUTNICK: WALL STREET SIEHT DAS “BIG PICTURE” NICHT

Die historisch ungewöhnlich hohen US-Zölle haben sich zu einem zentralen Merkmal der frühen zweiten Amtszeit von Trump entwickelt. Der deutsche Groß- und Außenhandelsverband BGA teilte mit, zwar auf stürmische Zeiten eingestellt gewesen zu sein. “Aber mit diesem Hurrikan hatten wir nicht gerechnet.” Es seien 100 Chaostage gewesen, die sich wie 1000 Tage anfühlten. Deutliche Preissteigerungen und weniger Nachfrage seien auf dem US-Markt bereits erkennbar, so BGA-Präsident Dirk Jandura. “Das trifft vor allem die USA selbst. Das trifft aber auch viele deutsche Unternehmen.”

Trump hat nach eigener Darstellung die Weichen gestellt, um das Handelsdefizit der USA mit anderen Ländern auszugleichen und zahlreiche Firmen ins Land zu locken. Neben den Zöllen plant Trump auch Steuersenkungen und einen Abbau von Vorschriften für Unternehmen.

Auf dem Aktienmarkt hat dies in der Summe allerdings zu Unruhe und Kursverlusten geführt. Auch am Dienstag tendierten die Titel großer Autohersteller wie GM und Tesla zunächst im Minus. “Die Zulieferer könnten zwar einen Teil ihrer Kosten wieder hereinholen, aber die Entlastung löst nicht das langfristige Problem: Die US-Autopreise steigen weiter, während die wirtschaftliche Dynamik nachlässt”, erklärten Analysten von Bernstein. Lutnick wies die Reaktion am Aktienmarkt in einem Interview mit dem Sender CNBC zurück. Die Wall Street sehe das große Ganze (engl. “the big picture”) nicht, sagte er.

(Geschrieben von Christian Krämer und Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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