– von Markus Wacket
Berlin (Reuters) – Nach dem Ja der SPD ist der Weg für eine schwarz-rote Regierung unter Friedrich Merz (CDU) frei.
Die Sozialdemokraten stimmten nicht nur dem Koalitionsvertrag zu, sondern die Partei-Spitze legte sich am Mittwoch auch auf SPD-Chef Lars Klingbeil als Finanzminister und Vize-Kanzler fest. Zuvor hatte die SPD-Basis mit 84 Prozent für den Koalitionsvertrag mit der Union gestimmt, wie Generalsekretär Matthias Miersch bekanntgab. “Die SPD wird Verantwortung übernehmen”, sagte er mit Blick auf die weltpolitische Lage. Die Beteiligung der rund 360.000 Mitglieder lag bei lediglich 56 Prozent, was auch auf die Osterferien zurückgeführt wurde. Nachdem CDU und CSU den Vertrag nicht nur gebilligt, sondern ihre gesamte Minister-Riege präsentiert hatten, stehen die wichtigsten Eckpfeiler der Regierung. Die SPD will ihre übrigen sechs Posten am Montag kurz vor Unterzeichnung des Vertrags benennen.
Der künftige Kanzler Merz zeigte sich erfreut über das SPD-Votum: “Es ist die richtige Entscheidung für unser Land.” Die breite Zustimmung zum Vertrag zeige, “die politische Mitte ist handlungsfähig und übernimmt Verantwortung”. Merz und die Ministerriege sollen am nächsten Dienstag vereidigt werden.
SPD VOR SCHWIERIGEN PERSONALENTSCHEIDUNGEN
SPD-Generalsekretär Miersch betonte, Klingbeil als künftiger Vize-Kanzler trage die Verantwortung für die Auswahl der übrigen Minister. Dabei müsse er nicht nur Erfahrung und Kompetenz berücksichtigen. Er müsse auch dafür sorgen, dass neue Gesichter erkennbar seien.
Nach der SPD-Bundestagswahl-Schlappe mit 16,4 Prozent steht Klingbeil vor schwierigen Entscheidungen: So steht seine Co-Vorsitzende Saskia Esken, die anders als Klingbeil den linken Parteiflügel vertritt, seit Wochen in der Kritik. Dort wird aber argumentiert, dass Esken nicht allein die Niederlage verantworte.
Der 47-jährige Klingbeil gilt in der SPD als umgänglich und hat trotz der Wahlschlappe von bundesweit 16,4 Prozent seinen Wahlkreis mit rund 42 Prozent und dem besten SPD-Erststimmen-Ergebnis gewonnen. Er duzt sich mittlerweile mit Merz, hat sich aber einen Ruf als knallharter Verhandler und Strippenzieher erarbeitet: In den Koalitionsgesprächen rang er der Union trotz des schwachen SPD-Ergebnisses sieben Ministerien ab, darunter das Finanz- und Arbeitsministerium.
Klingbeil muss die einflussreichen Posten nun zwischen Männern und Frauen, den Landesverbänden sowie den Parteiflügeln austarieren. Als gesetzt gilt nur Verteidigungsminister Boris Pistorius, der hohe Popularitätswerte besitzt und den sich viele als Kanzlerkandidaten gewünscht hätten.
Als sicher gilt, dass Klingbeil die Posten in Partei und Fraktion gleich mitberücksichtigt. Fraktionschef kann er als Vize-Kanzler ohnehin nicht bleiben. Der Erhalt der Doppelspitze anstatt eines einzelnen Parteichefs gilt ebenfalls als offen. Ende Juni trifft sich die SPD zum Parteitag in Berlin, eine Personaldebatte bis dahin will man sich ersparen.
JA DER SPD-BASIS AUCH WEGEN MANGEL AN ALTERNATIVEN
Das Ja der SPD-Basis war allgemein erwartet worden. Aufgerufen zur Abstimmung waren rund 360.000 SPD-Mitglieder. Das Ergebnis von 84 Prozent liegt über dem des letzten Basis-Votums zu einer Koalition mit der Union im Jahr 2017. Damals hatten nur rund 66 Prozent zugestimmt. Die Jusos hatten allerdings auch eine großangelegte Kampagne gegen die Regierungsbeteiligung gestartet.
Das deutliche Ja wird auch darauf zurückgeführt, dass ohne die SPD eine stabile Regierung praktisch unmöglich gewesen wäre. Eine Zusammenarbeit mit der AfD lehnt die Union ab, Nachverhandlungen am Vertrag galten als ausgeschlossen. Da die AfD in Umfragen weiter zugelegt hat, wären auch Neuwahlen für Union und SPD keine Lösung. Angesichts des Handelsstreits mit den USA sowie des Kriegs in der Ukraine gilt eine schnell handlungsfähige deutsche Regierung auch bei EU-Partnerländern als wichtig.
(Weitere Reporter: Christian Krämer, Andreas Rinke und Holger Hansen; Redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)