Anleger in Europa streichen vor Fed-Sitzung Gewinne ein

Frankfurt (Reuters) – Nach der jüngsten Börsen-Rally haben Anleger in Europa vereinzelt Kasse gemacht.

Der Dax, der zum Wochenanfang erneut seine im März aufgestellte Rekordmarke ins Visier genommen hatte, gab am Mittwoch um 0,3 Prozent auf bis zu 23.187 Punkte nach. Der EuroStoxx50E fiel um knapp ein halbes Prozent auf 5240 Zähler. Die Gewinnserie des deutschen Leitindex war am Dienstag gerissen, wozu auch der holprige Start des neuen Bundeskanzlers Friedrich Merz beigetragen hatte. “Aber auch unabhängig davon sehen wir, aufgrund der stark gestiegenen Kurse, zunehmende Vorsicht und zunehmende Skepsis”, sagte Portfoliomanager Thomas Altmann von QC Partners.

Für Auftrieb an den Finanzmärkten hatte in den vergangenen Wochen die Aussicht auf eine Deeskalation im Handelskrieg zwischen den USA und China gesorgt. Investoren blickten nun mit Spannung auf die bevorstehenden Verhandlungen der beiden größten Volkswirtschaften am kommenden Wochenende in der Schweiz. US-Finanzminister Scott Bessent und der US-Handelsbeauftragte Jamieson Greer werden in Genf den chinesischen Vizeministerpräsidenten He Lifeng treffen. Ein Handelsabkommen sei aber noch nicht in Sicht, sagten Börsianer.

“Derweil stellt sich China wohl auf langwierige Verhandlungen mit den USA ein und unternimmt Maßnahmen, um die heimische Wirtschaft zu stützen”, sagte Jochen Stanzl, Analyst beim Broker CMC Markets. “Das würde man nicht tun, wenn man damit rechnen würde, dass der Zollstreit morgen beigelegt ist.” Die chinesische Zentralbank setzt auf sinkende Zinsen und andere geldpolitische Lockerungsmaßnahmen, um Liquidität in das Bankensystem zu pumpen und das Wirtschaftswachstum anzukurbeln.

FED VORAUS

Mit Spannung warteten Investoren zudem auf die am Abend anstehende Sitzung der US-Notenbank Fed. Trotz der Forderung von US-Präsident Donald Trump nach einer Zinssenkung, dürfte Fed-Chef Jerome Powell nach Ansicht vieler Experten standhaft bleiben und den Leitzins in der Spanne von 4,25 bis 4,50 Prozent belassen. Die Währungshüter wollen zunächst sehen, wie sich die von Trump aufgetürmten Zollhürden auf Inflation und Konjunktur auswirken.

Einen positiven Impuls lieferte die deutsche Industrie, die im März ihr Neugeschäft überraschend kräftig gesteigert hat – womöglich auch wegen der Zollpolitik von Trump. Die Aufträge kletterten um 3,6 Prozent zum Vormonat und damit so stark wie seit Dezember nicht mehr. “Das Orderplus im März dürfte zum Teil auf Vorzieheffekte als Reaktion auf die angekündigten US-Zollerhöhungen zurückzuführen sein”, erklärte das Bundeswirtschaftsministerium.

NOVO NORDISK IM AUFWIND

Bei den Einzelwerten wetteten Anleger bei Novo Nordisk auf eine wieder anziehende Nachfrage nach dem Abnehmmittel Wegovy in den USA. Die Aktien gewannen in Kopenhagen in der Spitze knapp sieben Prozent, nachdem der Konzern eine Erholung der Verschreibungen von Wegovy in den USA in Aussicht gestellt hat. Hintergrund sei ein Verbot von Nachahmerprodukten durch die US-Gesundheitsbehörde FDA. Apotheken, die bisher Kopien von Wegovy und Ozempic herstellen durften, müssen dies den Angaben zufolge bis zum 22. Mai einstellen, da die FDA die Medikamente nicht mehr als knapp ansehe.

Kursgewinne von zeitweise mehr als vier Prozent erzielte auch BMW. Der Münchner Autobauer traut sich anders als viele Konkurrenten trotz der jüngsten Zölle in den USA eine Prognose zu. Zum Jahresauftakt ging der Gewinn zwar zurück, das Minus fiel mit 25,2 Prozent auf 3,1 Milliarden Euro aber nicht so stark aus wie Analysten befürchtet hatten. BMW geht davon aus, dass die Zollerhöhungen teilweise temporärer Natur seien.

Die Aktien von Siemens Healthineers verbilligten sich dagegen in der Spitze um rund zwei Prozent. Der Erlanger Medizintechnikkonzern drosselte wegen des Zollstreits trotz eines unerwartet guten zweiten Quartals die Gewinnprognose.

(Bericht von Stefanie Geiger, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)

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