Commerzbank überrascht mit Gewinnplus – Aktie hebt ab

– von Frank Siebelt und Tom Sims

Frankfurt (Reuters) – Die Commerzbank überrascht zum Jahresauftakt mit einem kräftigen Gewinnanstieg.

Das von der italienischen UniCredit umworbene Institut erzielte im ersten Quartal einen Nettogewinn von 834 Millionen Euro – ein Anstieg von 11,7 Prozent. “Für uns als Commerzbank hat das Jahr sehr gut begonnen”, sagte Vorstandschefin Bettina Orlopp am Freitag in einer Telefonkonferenz zu Journalisten. “Wir haben im ersten Quartal so viel verdient wie seit 14 Jahren nicht mehr.” Das zeige, dass die Bank auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wachsen könne. Analysten hatten einem von der Bank zusammengestellten Konsensus zufolge im Schnitt mit einem Gewinnrückgang auf 698 Millionen Euro gerechnet.

Beim Zinsüberschuss und beim Provisionsergebnis schnitt die zweitgrößte deutsche börsennotierte Bank besser ab als erwartet. Die Erträge nahmen im Auftaktquartal um 11,8 Prozent auf 3,07 Milliarden Euro zu. Das Jahr sei positiv weitergegangen, sagte Orlopp: “Der Start in das zweite Quartal war gut.” Anleger an der Börse reagierten umgehend: Die Commerzbank-Aktie war zeitweise mit einem Kursplus von 3,2 Prozent größter Gewinner im Leitindex Dax.

Die Geschäftszahlen liefern Orlopp gute Argumente für ihre Strategie der Eigenständigkeit der Frankfurter Bank, wenn sie in der kommenden Woche auf der Hauptversammlung den Aktionären Rede und Antwort steht. “Gegeben unsere Performance sollten wir eigentlich vor allem zufriedene Aktionärinnen und Aktionäre haben”, sagte sie. Die Bankchefin geht davon aus, dass die UniCredit auf dem Aktionärstreffen ihre Anteile von 9,5 Prozent vertreten lässt. “Aber wir erwarten jetzt eigentlich nichts darüber hinaus, es ist uns zumindest nichts bekannt.”

Die Commerzbank ist auf dem Radarschirm der italienischen Großbank UniCredit, der in Deutschland bereits die HypoVereinsbank (HVB) gehört. Die Italiener sind inzwischen der zweitgrößte Aktionär nach dem Bund, der rund zwölf Prozent hält. Die Europäische Zentralbank (EZB) als Aufseherin für die Großbanken hat eine weitere Aufstockung der direkten Commerzbank-Beteiligung auf bis zu 29,9 Prozent bereits genehmigt. Auch das Kartellamt gab inzwischen grünes Licht für die Aufstockung.

Die Commerzbank stemmt sich allerdings gegen eine Übernahme und will ihre Unabhängigkeit bewahren. “Wir fokussieren uns, was wir schon in den vergangenen sechs Monaten getan haben, auf unsere Strategie der Eigenständigkeit”, sagte Orlopp in einem Webcast mit Analysten.

Ihren Gewinnausblick für das Gesamtjahr bestätigte die Bank: Sie rechnet nach Restrukturierungskosten mit einem Nettogewinn von rund 2,4 Milliarden Euro. Der Ausblick hänge ab von der Entwicklung der Belastungen in Russland und bei den Fremdwährungskrediten der polnischen Tochter mBank, erklärte das Institut. Der Provisionsüberschuss soll um rund sieben Prozent wachsen. Zudem erwartet die Commerzbank einen Zinsüberschuss von rund 7,8 Milliarden Euro. Sie strebt jetzt zum Jahresende eine harte Kernkapitalquote (CET-1) von mindestens 14,5 Prozent an. Im Februar waren noch mehr als 14 Prozent in Aussicht gestellt worden. Im ersten Quartal lag die Quote bei 15,1 Prozent.

WERTPAPIERGESCHÄFT SCHIEBT PROVISIONSÜBERSCHUSS AN

Der Zinsüberschuss sank im Auftaktquartal binnen Jahresfrist um 2,6 Prozent auf 2,07 Milliarden Euro. Die EZB hat seit Mitte 2024 bereits sieben Mal die Schlüsselzinssätze gesenkt. Der im Euroraum maßgebliche Einlagensatz liegt mittlerweile bei 2,25 Prozent – noch Anfang Juni 2024 hatte er bei 4,0 Prozent gelegen. Die meisten Ökonomen gehen davon aus, dass die Währungshüter noch mindestens einen weiteren Zinsschritt nach unten gehen werden. Der Chef der Finanzaufsicht Bafin, Mark Branson, hatte am Mittwoch gewarnt, dass im Bankensektor die Erträge aus dem Zinsgeschäft voraussichtlich wieder sinken würden.

Ihren Provisionsüberschuss baute die Commerzbank hingegen im ersten Quartal um 6,4 Prozent auf 1,01 Milliarden Euro aus. Dahinter habe unter anderem ein starkes Wertpapiergeschäft gestanden, erklärte das Geldhaus. Angesichts der Konjunkturflaute in Deutschland nahm die Risikovorsorge für Kreditausfälle auf 123 Millionen Euro zu nach 76 Millionen Euro vor Jahresfrist. Das Kreditbuch habe sich aber weiterhin als sehr robust erwiesen. Eine Vielzahl von strukturellen Problemen bremse die deutsche Wirtschaft, erklärte die Commerzbank. Zudem erschwerten höhere US-Zölle deutschen Unternehmen den Zugang zu ihrem wichtigsten Export-Markt. Bundesbank-Präsident Joachim Nagel hatte unlängst eine leichte Rezession in diesem Jahr nicht ausgeschlossen.

Die Commerzbank kam im ersten Quartal auf eine Aufwand-Ertragsquote von 56 Prozent nach 58 Prozent ein Jahr zuvor. Für das Gesamtjahr peilt Bank-Chefin Orlopp eine Quote von rund 57 Prozent an.

(Bericht von Frank Siebelt und Tom Sims. Redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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