Reiche setzt auf Gespräche im Handelsstreit: USA sind nicht unser Gegner

Berlin/Brüssel (Reuters) – Die neue Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche sieht die USA trotz des Handelsstreits nicht als Gegner.

“Europa und die USA vereint mehr als uns trennt”, sagte die CDU-Politikerin am Donnerstag in Brüssel vor Beratungen der europäischen Handelsminister. Die USA seien weiterhin der wichtigste Handelspartner für Deutschland und auch die EU. Diese Beziehung müsse gestärkt und nicht geschwächt werden.

US-Präsident Donald Trump überzieht die wichtigsten Handelspartner seit seinem Wiedereinzug ins Weiße Haus mit hohen Sonderzöllen. Viele dieser neuen Zölle sind aber mittlerweile für drei Monate ausgesetzt, um in Verhandlungen eine Lösung zu finden. Die EU müsse auf Gespräche setzen, sagte Reiche. “Wir müssen verhandeln, wir müssen zu einer Lösung kommen, weil eine Eskalation keine Gewinner kennt.”

EU-Handelskommissar Maros Sefcovic sagte zu Journalisten, die Kontakte zwischen beiden Seiten seien intensiv. Ziel sei es, die Probleme zu beheben und die Grundlage für eine tiefere transatlantische Kooperation zu legen. Die EU-Kommission bekomme derzeit viele Angebote, um neue Freihandelsabkommen zu verhandeln. Laufende Gespräche – etwa mit Indien oder Indonesien – würden verstärkt werden. Mit Blick auf die USA ergänzte Sefcovic, er habe am Mittwoch ein weiteres konstruktives Telefonat mit US-Handelsminister Howard Lutnick gehabt. “Wir haben vereinbart, unsere Zusammenarbeit auf technischer Ebene zu verstärken. Ich stehe mit ihm in regelmäßigem Kontakt.”

TRUMP: INDIEN BIETET HANDEL OHNE ZÖLLE AN

Trump will mit seinem Vorgehen das oft große Handelsdefizit seines Landes verringern, große Unternehmen aber auch in die USA locken, damit sie dort investieren. Der Republikaner sagte am Donnerstag in Doha, Indien habe den USA einen Freihandels-Deal “ohne Zölle” angeboten. Die USA sind der wichtigste Handelspartner für Indien. Der Subkontinent kam 2024 auf einen Handelsüberschuss mit den USA von fast 46 Milliarden Dollar. Die neuen US-Zölle von 26 Prozent wurden ausgesetzt, um Zeit für Verhandlungen zu haben.

Mit Großbritannien hatten die USA bereits ein neues Handelsabkommen verkündet, auch wenn viele Details noch offen sind. Die Zehn-Prozent-Zölle der USA gegen Großbritannien bleiben bestehen. Großbritannien senkt seine Zölle für US-Waren von 5,1 auf 1,8 Prozent. Die von Trump eingeführten Aufschläge auf Stahl und Aluminium werden komplett gestrichen. Die britische Regierung erklärte, es werde einen gegenseitigen Marktzugang für Rindfleisch geben, ein im Königreich strittiges Thema wegen der unterschiedlichen Auflagen für Lebensmittelsicherheit. Die britischen Aufschläge auf Ethanol aus den USA werden ganz abgeschafft.

Ein ähnlicher Deal würde für die EU nicht funktionieren, sagte Schwedens Handelsminister Benjamin Dousa in Brüssel. “Es ist kein Freihandels-Deal.” Auch Polen forderte mehr Ambitionen bei einem Abschluss. Die EU-Kommission würde am liebsten alle gegenseitigen Zölle streichen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte, die Zölle zerstörten viel Wert in der Wirtschaft. Die USA sollten ihren Handelspartnern mehr Planungssicherheit geben.

Die USA erheben einen Sonderzoll von 25 Prozent auf Stahl, Aluminium und Autos aus der EU. Hinzu kommt ein zehnprozentiger Basiszoll auf fast alle anderen Produkte. Dieser kann noch auf 20 Prozent angehoben werden, sollten die laufenden Verhandlungen bis Anfang Juli kein Ergebnis bringen. Die EU-Kommission hat für den Fall der Fälle Gegenmaßnahmen auf US-Waren im Wert von 95 Milliarden Euro vorbereitet, bevorzugt aber eine Einigung auf den Verhandlungsweg.

(Bericht von Christian Krämer und Philip Blenkinsop, redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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