Verkehrsminister will neue Gelder schnell verbauen – Sanierung vor Neubau

Berlin (Reuters) – Verkehrsminister Patrick Schnieder will die neuen Mittel für die Infrastruktur möglichst rasch einsetzen.

“Jetzt muss es darum gehen, dass dieses Geld auch wirklich schnell verbaut wird”, sagte der CDU-Politiker am Donnerstag im Bundestag. Der Erhalt von Infrastruktur werde dabei Priorität vor Neubauten haben. Planungs- und Genehmigungsverfahren müssten einfacher und digitaler werden. Zudem sollten Doppelprüfungen wegfallen und Fristen verkürzt werden. “Wir müssen jetzt schneller werden.”

Die neue Regierung aus Union und SPD will einen bis zu 500 Milliarden Euro schweren und schuldenfinanzierten Sondertopf zur Modernisierung der Infrastruktur schaffen. Damit soll der jahrelange Investitionsstau aufgelöst werden. “Das Sondervermögen Infrastruktur gibt Schnieder Möglichkeiten, von denen seine Vorgänger nur träumen konnten”, sagte der Vorsitzende der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), Martin Burkert. “Daraus erwächst große Verantwortung.” Grünen-Verkehrsexperte Tarek Al-Wazir sagte, Schnieders Vorgängern habe stets der Mut gefehlt. Auch der jetzige Koalitionsvertrag setze zu wenig ambitionierte Ziele. “So wird das nichts.”

Schnieder ergänzte, er wolle einen pragmatischen Kurs fahren und die Bürger nicht bevormunden. Sie müssten selbst entscheiden, wie sie sich fortbewegen wollten. Deswegen würden alle Verkehrsträger gefördert. Er versprach bei der Vorstellung seiner Regierungspläne im Parlament, sich nicht mit der maroden Infrastruktur abzufinden, sondern diese zu modernisieren.

Zeitnah will er ein Expertenforum für klimafreundliche Mobilität einsetzen. Wichtig seien dabei die absehbar höheren Investitionen in die Schiene. Dies sei aktiver Klimaschutz. “Das System muss wieder funktionieren. Es muss zuverlässig und pünktlich sein.” Er werde sich den viel kritisierten Staatskonzern genau und in Ruhe anschauen. Es würden auch Gremien und Strukturen überprüft. Er wolle sich aber nicht zu Personalspekulationen äußern. “Ich bin kein Fan von Schnellschüssen.”

Bei der Deutschen Bahn werden nach dem jüngsten Abgang von Finanzvorstand Levin Holle weitere Personalwechsel erwartet. Im schwarz-roten Koalitionsvertrag heißt es, die Infrastrukturtochter solle innerhalb des Konzerns stärker von der Bahn entflochten werden. Bei beiden soll es eine Neuaufstellung von Aufsichtsrat und Vorstand geben – “mit dem Ziel, mehr Fachkompetenz abzubilden und eine Verschlankung zu erreichen”. Die Bahn steckt tief in den roten Zahlen.

STREITPUNKT GENERALSANIERUNGEN

Schnieder will an dem Konzept der Generalsanierung wichtiger Streckenabschnitte im Bahnnetz festhalten, wie zuletzt zwischen Mannheim und Frankfurt am Main. Er werde aber prüfen, ob es dabei immer zu Vollsperrungen kommen müsse. Schnieders Vorgänger Volker Wissing hatte stets argumentiert, dass die Sanierung dann schneller und umfassender sei. In den nächsten Monaten ist eine längere Sperrung zwischen Hamburg und Berlin geplant.

In einem Reuters vorliegenden Schreiben des Verbands der Güterbahnen an Schnieder heißt es, es brauche einen Runden Tisch für die Sanierung des Schienennetzes. Es dürfe nicht zu viele Nebenwirkungen geben. “Im Zuge einer enormen PR-Offensive der Deutschen Bahn wurden die Korridore zum Beleg oder eher zum Symbol für einen Abbau des Sanierungsstaus im Schienennetz.” Die Infrastrukturtochter der Bahn müsse ohne Vollsperrungen vorgehen, wenn die Umleitungsstrecke nicht belastbar genug sei.

Die Deutsche Bahn betonte in einer Mitteilung, dass der Nutzen von Investitionen in den Nahverkehr besonders hoch sei. Jeder dort investierte Euro bringe der deutschen Volkswirtschaft drei Euro, hieß es unter Verweis auf eine Studie der TU München. Demnach koste der Betrieb von Bussen, Straßenbahnen, U-Bahnen und Regionalverkehrszügen jedes Jahr 25 Milliarden Euro. Zugleich sei der öffentliche Personennahverkehr aber für rund 75 Milliarden Euro Wertschöpfung verantwortlich.

(Bericht von Christian Krämer, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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