Berlin/Brüssel (Reuters) – Der weltweite Handelskrieg bremst die europäische Wirtschaft aus.
Die Euro-Zone wird laut einer neuen Prognose der EU-Kommission dieses Jahr nur ein mäßiges Wachstumstempo anschlagen und Deutschland sogar auf der Stelle treten.
Demnach wird der Euro-Raum ein Plus beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 0,9 Prozent erreichen, wie die Brüsseler Behörde am Montag vorhersagte. Im Herbst hatte sie noch einen Zuwachs von 1,3 Prozent veranschlagt. 2024 war die Euro-Zone um 0,9 Prozent gewachsen. Deutschland wird voraussichtlich nach zwei Rezessionsjahren auch 2025 nicht aus dem Konjunkturtal kommen: Die EU-Kommission sagt für das laufende Jahr eine Stagnation voraus, nachdem sie im Herbst noch ein Plus von 0,7 Prozent prognostiziert hatte.
Die deutlich skeptischere Prognose geht auf den von US-Präsident Donald Trump angezettelten Handelskrieg zurück. Der Ausblick für den Handel sei verhaltener, die Unsicherheit groß. Trump hat hohe Sonderzölle gegen die wichtigsten Handelspartner verhängt, darunter auch die EU und China. Allerdings sind nach einigem Hin und Her viele der neuen Zölle für 90 Tage ausgesetzt worden. In dieser Zeit soll es gelingen, den gegenseitigen Handel neu aufzustellen. Trump stößt sich an dem riesigen Handelsdefizit seines Landes. Laut EU-Kommission werden die europäischen Exporte dieses Jahr nur um 0,7 Prozent zulegen. 2026 dürfte das Plus bei 2,1 Prozent liegen.
Laut EU-Kommission basiert die Frühjahrsprognose auf der Annahme, dass alle EU-Exporte in die USA mit zehn Prozent Zoll belegt werden. Bei Stahl, Aluminium und Autos wird mit 25 Prozent kalkuliert. Ausnahmen dürfte es dagegen für Medikamente und Halbleiter geben. Sollte sich der Handelskrieg entspannen oder es schnell neue Freihandelsabkommen mit anderen Ländern geben, könnten die Prognosen nach oben angepasst werden, so die Kommission.
NEUE BUNDESREGIERUNG WILL SCHALTER UMLEGEN
Die neue Bundesregierung strebt bis zum Sommer einen Stimmungsumschwung in der Wirtschaft an. Wirtschaftsministerin Katherina Reiche sagte bei einer Konferenz im brandenburgischen Bad Saarow, bis Mitte Juli solle ein erstes Entlastungspaket vom Kabinett beschlossen werden. Ein Baustein werde dabei die Absenkung der Stromsteuer auf das europäische Minimum sein. Außerdem werde es erste Arbeitsmarktreformen geben. Weitere Wachstumsimpulse sollten dann bis zum Jahresende folgen.
Laut EU-Kommission wird Deutschland erst 2026 wieder spürbar wachsen. Mit 1,1 Prozent dürfe das deutsche BIP aber nicht so stark zulegen wie im Euro-Raum, für den 1,4 Prozent erwartet werden. Für die gesamte EU aus 27 Staaten sagt Brüssel ein Plus von 1,1 Prozent im laufenden Jahr und von 1,5 Prozent für 2026 voraus. EU-Wirtschaftskommissar Valdis Dombrovskis nannte dies widerstandsfähig. “Gestützt auf einen robusten Arbeitsmarkt und steigende Löhne dürfte sich das Wachstum 2025 fortsetzen, wenn auch in moderatem Tempo.” Die Arbeitslosigkeit dürfte abnehmen und 2026 bei 6,1 Prozent in der Euro-Zone liegen.
Die Inflation sollte im Euro-Raum schneller als bisher prognostiziert sinken und in diesem Jahr auf das Zwei-Prozent-Ziel der Europäischen Zentralbank zusteuern. Die Kommission erwartet, dass die Teuerungsrate 2025 auf 2,1 Prozent fällt und 2026 sogar auf 1,7 Prozent. Dafür werden die Finanz-Kennzahlen der Länder schlechter gesehen. Das Budgetdefizit in der gesamten Euro-Zone dürfte 2025 und 2026 auf 3,2 und 3,3 (2024: 3,1) Prozent steigen. Eigentlich sind nur drei Prozent erlaubt. Der gesamte Schuldenberg in den 20 Euro-Ländern dürfte 2025 und 2026 auf knapp 90 Prozent und dann 91 Prozent im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung klettern. 2024 waren es knapp 89 Prozent. Die Obergrenze liegt in der EU eigentlich bei 60 Prozent.
(Bericht von Christian Krämer, Reinhard Becker und Jan Strupczewski, redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)