Anleger in Europa machen Kasse – Warten auf Zoll-Deals

Frankfurt (Reuters) – Nach dem jüngsten Höhenflug nehmen Anleger in Europa Gewinne mit. Der Dax gab zur Wochenmitte um 0,5 Prozent auf bis zu 23.908 Punkte nach, nachdem er am Vortag erstmals die psychologisch wichtige Marke von 24.000 Punkten übersprungen hatte. Auch der EuroStoxx50 büßte gut ein halbes Prozent auf 5423 Zähler ein. Investoren zeigten sich besorgt über mangelnde Fortschritte bei den Handelsabkommen. “Die anhaltenden Zollstreitigkeiten zwischen den USA und der EU drücken spürbar auf die Stimmung der Verbraucher”, konstatierte Ulrich Stephan, Anlagestratege bei der Deutschen Bank.

Für zusätzlichen Unmut würden Aussagen von US-Präsident Donald Trump und US-Finanzminister Scott Bessent sorgen. “Sie werfen der EU ein ‘kollektives Handlungsproblem’ vor und bezeichnen die Handelskonflikte mit Europa als noch gravierender als jene mit China, was die Verhandlungen erheblich erschwert.” Trotz der vereinbarten Stillhaltefrist könnten die Zollstreitigkeiten daher kaum als beendet angesehen werden.

Die Folgen von Trumps Zollankündigungen bekam auch die Exportnation Japan zu spüren. Zwar sind Japans Exporte im April um zwei Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, jedoch brachen die Ausfuhren in die USA wegen der US-Zollpolitik deutlich ein.

Unterdessen setzte der US-Dollar seine Talfahrt fort. Der Dollar-Index wertete um bis zu 0,5 Prozent auf 99,425 Punkte ab. Damit ist er von seinem Höchststand im Januar um bis zu 10,6 Prozent gefallen. Nach der Herabstufung der US-Kreditwürdigkeit durch Moody’s sei die Verkaufsstrategie “Sell America” wieder in den Fokus gerückt, konstatierte George Vessey, Stratege beim Zahlungsdienstleister Convera. Die aktuelle Schwächephase der US-Währung könnte Experten zufolge weiter andauern.

JULIUS BÄR UND JD SPORTS UNTER DRUCK

Auch der britische Sportbekleidungshändler JD Sports ächzte unter Trumps Zollpolitik. Die Titel rauschten in London in der Spitze um knapp 13 Prozent nach unten, nachdem der Konzern davor gewarnt hatte, dass höhere Preise in seinem wichtigsten Markt USA aufgrund der Zölle die Kundennachfrage beeinträchtigen könnten.

Die krisengeplagte Bank Julius Bär kamen unterdessen Problemkredite teuer zu stehen. Die Anteilsscheine brachen um rund sieben Prozent ein, nachdem die Schweizer Bank eine Belastung in Höhe von 130 Millionen Franken aus einer Überprüfung ihres Kreditportfolios gemeldet hatte. Mit der Wertberichtigung reagiert Bär bereits das zweite Mal innerhalb von gut 15 Monaten auf faule Kredite.

Dagegen zogen die Titel von Infineon zeitweise um 2,5 Prozent an. Der Chiphersteller profitierte von einer Zusammenarbeit mit Nvidia. Infineon will mit dem US-Konzern Chips für neue Stromversorgungssysteme in Rechenzentren für künstliche Intelligenz entwickeln.

Marks & Spencer leidet immer noch an den Folgen eines Cyberangriffs vor rund vier Wochen. Die Attacke werde den britischen Einzelhändler rund 300 Millionen Pfund an entgangenem Betriebsgewinn kosten und es werde voraussichtlich bis Juli zu Störungen der Online-Dienste kommen, teilte der Konzern mit. Die Titel gaben in London zunächst um vier Prozent nach, bevor sie die Verluste wieder wettmachten.

(Bericht von Stefanie Geiger, redigiert von Myria Mildenberger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)

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