Jerusalem (Reuters) – Beim jährlichen Flaggenmarsch jüdischer Nationalisten durch Jerusalem ist es am Montag zu Tumulten gekommen.
In der von Mauern umgebenen Altstadt in Ost-Jerusalem haben Teilnehmer zunächst die wenigen palästinensischen Ladenbesitzer bedrängt, die ihre Geschäfte vor dem Umzug noch nicht geschlossen hatten, wie ein Augenzeuge der Nachrichtenagentur Reuters schilderte. Die Demonstranten, überwiegend junge Siedler aus dem besetzten Westjordanland, hätten anschließend linke israelische Aktivisten und Journalisten angegriffen, die den Umzug beobachteten. Sie skandierten nationalistische Parolen und riefen “Tod den Arabern”.
Die israelische Polizei, die sich in der Nähe aufhielt, habe nicht eingegriffen. Auf eine Anfrage zur Stellungnahme reagierte sie nicht, bis zum späten Nachmittag wurden keine Festnahmen bekannt. Ein Polizist vor Ort sagte, die jungen Teilnehmer könnten nicht verhaftet werden, weil sie unter 18 Jahre alt seien.
An dem Umzug, der an die Eroberung Ost-Jerusalems durch Israel im Jahr 1967 erinnert und bereits in der Vergangenheit zu Zusammenstößen mit Palästinensern geführt hat, nahmen Tausende Menschen teil. Sie zogen mit blau-weißen israelischen Nationalflaggen auch durch die engen Straßen der überwiegend arabischen Altstadt, wo viele palästinensische Ladenbesitzer aus Angst vor gewaltsamen Übergriffen ihre Geschäfte geschlossen hatten.
BEN GVIR BESUCHT GELÄNDE VON AL-AKSA-MOSCHEE
Die Palästinenser sehen in dem Marsch eine Provokation, um ihren Anspruch auf Ost-Jerusalem als Hauptstadt eines eigenen Staates zu untergraben. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bekräftigte den Anspruch seines Landes auf die Stadt. “Wir werden Jerusalem vereint, vollständig und unter israelischer Kontrolle halten”, sagte er bei einer Kabinettssitzung, die zuvor am Montag in Ost-Jerusalem abgehalten wurde.
Öl ins Feuer goss der rechtsextreme Minister für Nationale Sicherheit, Itamar Ben Gvir, als er das Gelände der Al-Aksa-Moschee besuchte. “Heute ist es, Gott sei Dank, bereits möglich, auf dem Tempelberg zu beten”, sagte er in einem Video. Der Ort ist ein langjähriger Brennpunkt zwischen Juden und Muslimen und gilt beiden Religionen als heilig. Nach einer jahrzehntealten Vereinbarung wird der Komplex von einer islamischen Stiftung aus dem Nachbarland Jordanien verwaltet. Juden dürfen den Ort zwar besuchen, dort aber nicht beten. Die Palästinensische Autonomiebehörde und Jordanien verurteilten den Besuch des Ministers.
(Bericht von Alexander Cornwell, geschrieben von Philipp Krach. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)