Arbeitsmarkt schwächelt – BA erwartet steigende Arbeitslosigkeit

Berlin (Reuters) – Die Flaute auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland hat sich auch im Mai mit einem nur sehr geringen Rückgang der Arbeitslosenzahl fortgesetzt.

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) registrierte 2,919 Millionen Arbeitslose und damit 12.000 weniger als im April, wie die Behörde am Mittwoch in Nürnberg mitteilte. “Das ist aber sehr wenig für einen Mai”, sagte BA-Chefin Andrea Nahles. “Eigentlich sind die Rückgänge in diesem Monat aufgrund der Frühjahrsbelebung deutlich größer.” Daher sei auch im Sommer “mit tendenziell steigender Arbeitslosigkeit zu rechnen.” Volkswirte rechnen dann mit über drei Millionen Arbeitslosen.

Die hohe Arbeitslosigkeit wird bis zum Jahresende laut Nahles auch die hohen Rücklagen der BA in Höhe von 3,2 Milliarden Euro aufzehren. Dennoch sieht die BA-Chefin keine Notwendigkeit, den Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung zu erhöhen. Dies stehe weder für das laufende Jahr noch für 2026 an. Eine Beitragserhöhung werde von der BA weder gefordert noch diskutiert. Die Einnahmesituation sei weiter gut.

BAS: BRAUCHEN WACHSTUMSIMPULSE

“Es geht jetzt um die Frage, wie viel Arbeitslosigkeit müssen wir finanzieren”, sagte Nahles. “Und da kann man natürlich gerade auch im nächsten Jahr eine Menge tun, um einen konjunkturellen Rückenwind für den Arbeitsmarkt zu organisieren.” Sie verwies dabei auf die Pläne der Bundesregierung zur Konjunkturbelebung.

Dies unterstrich auch Arbeitsministerin Bärbel Bas. “Die aktuellen Arbeitsmarktzahlen zeigen, dass wir dringend wirtschaftspolitische Impulse brauchen, die Wachstum schaffen”, erklärte die SPD-Politikerin. “Sie zeigen auch, wie wichtig das Konjunktur- und Investitionsprogramm der neuen Bundesregierung ist.” CDU, CSU und SPD wollen am Mittwoch im Koalitionsausschuss konkrete Vorhaben bis zur Sommerpause besprechen.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) forderte mehr geförderte Weiterbildung, “um Menschen und Betriebe fit für die Zukunft zu machen und am Ende des Tages Standorte zu sichern”, wie Vorstandsmitglied Anja Piel erklärte. Der Präsident der Arbeitgeber-Bundesvereinigung BDA, Rainer Dulger, forderte niedrigere Sozialabgaben für “mehr Netto vom Brutto”.

FÄLLT IM SOMMER DIE DREI-MILLIONEN-MARKE?

Unter Herausrechnung der jahreszeitlichen Schwankungen stieg die Arbeitslosenzahl laut BA von April auf Mai um 34.000. Bereits seit Mitte 2022 nimmt die Arbeitslosigkeit stetig zu. Im Januar dieses Jahres hatte sie mit 2,993 Millionen den höchsten Stand seit fast zehn Jahren erreicht. Noch höher war sie zuletzt im Februar 2015 mit 3,017 Millionen. “Das Corona-Hoch ist überschritten und die Zahl der Arbeitslosen strebt auf die Drei-Millionen-Marke zu, die sie wohl im Sommer überschreiten wird”, erklärte Andreas Scheuerle von der DekaBank. “Die seit Jahren im Trend stagnierende Konjunktur hinterlässt ihre Spuren.”

“Die nun ausgelaufene Frühjahrsbelebung war insgesamt schwach”, erläuterte Nahles. Entlastet wurde der Arbeitsmarkt zudem durch Kurzarbeit. Dabei übernimmt die BA einen Teil der Lohnzahlung, wenn Betriebe Schwächephasen überbrücken wollen. Nach ersten Berechnungen der BA ging die Zahl der Kurzarbeitenden von Februar auf März leicht zurück auf 248.000.

Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten betrug laut BA-Hochrechnung im März 34,89 Millionen. Das seien 78.000 mehr als ein Jahr zuvor. Es gebe immer noch ein Wachstum bei der Beschäftigung, sagte Nahles: “Wenn man das allerdings vergleicht zu den Vorjahren, dann ist das im Umfang bei weitem nicht mehr so hoch wie in früheren Jahren.” Zuwächse gebe es hauptsächlich im Dienstleistungsbereich, im Pflegebereich wie auch im Verkehrs- und Logistiksektor.

(Bericht von Holger Hansen, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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