Merz besteht auf Richterwahl durch Bundestag

Zugspitze/Berlin (Reuters) – Bundeskanzler Friedrich Merz dringt darauf, dass der Bundestag das Recht zur Wahl von drei Verfassungsrichtern für Karlsruhe nicht an den Bundesrat abstritt.

“Mein Wunsch wäre, dass wir im Deutschen Bundestag zu Lösungen kommen und dass wir nicht den Ersatzwahlmechanismus auslösen müssen”, sagte der CDU-Chef am Dienstag nach einem Treffen mit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder auf der Zugspitze. Über alles andere spreche man in Ruhe in der Koalition mit der SPD. Zuvor hatte die von der SPD nominierte Juristin Frauke Brosius-Gersdorf erklärt, dass sie an ihrer Kandidatur festhalten wolle.

Weil die CDU/CSU-Fraktion entgegen ihrer Zusage vergangenen Freitag bei der Abstimmung im Bundestag keine Mehrheit für Brosius-Gersdorf mehr garantieren konnte, wurden alle drei anstehenden Wahlen für vakant werdende Richterposten auf unbestimmte Zeit verschoben. Dies löste Spannungen zwischen Union und SPD aus, die sowohl CDU/CSU-Fraktionschef Jens Spahn als auch Merz Führungsschwäche vorwarf. Die Unionsfraktion hatte den Arbeitsrichter Günter Spinner nominiert, die SPD die Professorinnen Brosius-Gersdorf und Ann-Katrin Kaufhold. Kommt der Bundestag nicht zu einem Votum, kann der Bundesrat übernehmen.

Merz verwies darauf, dass auch in der vergangenen Legislaturperiode eine Richterwahl verschoben werden musste. Damals hatten die regierenden Grünen Probleme mit einem Kandidaten der oppositionellen Union. “Da sehen Sie übrigens an diesem Beispiel, dass Richterwahlen öfter mal im Bundestag auch nicht im ersten Anlauf sofort gelingen”, sagte Merz.

Brosius-Gersdorf wies am Dienstag Kritik an ihrer Eignung zurück. Sie sei nicht “ultralinks”, und auch ihre Einstellung zu Schwangerschaftsabbrüchen sei in der Öffentlichkeit falsch dargestellt worden, ließ sie mitteilen. Die Berichterstattung über sie und ihre Standpunkte sei teilweise verunglimpfend. “Ordnet man meine wissenschaftlichen Positionen in ihrer Breite politisch zu, zeigt sich ein Bild der demokratischen Mitte”, heißt es im Schreiben. Inakzeptabel sei auch die Berufung auf anonyme Quellen, um sie zu diskreditieren.

Zudem sei die Behauptung verunglimpfend, sie habe sich für eine Legalisierung und eine Straffreiheit des Schwangerschaftsabbruchs bis zur Geburt ausgesprochen. “Der Hauptvorwurf in den Medien ist, dass ich dem ungeborenen Leben die Menschenwürdegarantie abspräche und für einen Schwangerschaftsabbruch bis zur Geburt sei. Das ist falsch”, schrieb sie. Dies hatten etliche Unions-Bundestagsabgeordnete als Grund für ihre Ablehnung der Kandidatur angegeben. Auch Söder hatte am Montag gesagt, dass Brosius-Gersdorf zurückziehen und die SPD im Herbst einen zweiten Vorschlag präsentieren sollte, der “vielleicht besser geeignet ist”. Die SPD unterstützt Brosius-Gersdorf aber weiterhin. Deshalb zeichnet sich bislang keine Einigung zwischen den Koalitionspartnern ab.

Der AfD-Abgeordnete Stephan Brandner forderte beide SPD-Kandidatinnen zum Rückzug auf. Ihre Aussagen seien “eindeutig links‑ideologisch bis verfassungsfeindlich”.

(Bericht von Andreas Rinke und Markus Wacket; redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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