Durban/Berlin/Washington (Reuters) – Die Finanzminister der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) haben sich bei ihrem Treffen im südafrikanischen Durban überraschend doch auf ein Abschlussdokument geeinigt. In dem am Freitag veröffentlichten Papier heißt es, die Weltwirtschaft stehe vor komplexen Herausforderungen und sei mit starken Unsicherheiten konfrontiert. Als Beispiele wurden anhaltende Kriege und Konflikte genannt, ebenso wie Spannungen im Handel und bei den Lieferketten sowie hohe Schuldenstände und häufige Extremwetter-Ereignisse.
“Strukturreformen sind eine wesentliche Voraussetzung für ein starkes Wirtschaftswachstum und die Schaffung von mehr und besseren Arbeitsplätzen”, heißt es in der fünfseitigen Abschlusserklärung. Zudem wurde die Notwendigkeit betont, die internationale Zusammenarbeit zu stärken. Die Unabhängigkeit von Notenbanken wurde als entscheidend bezeichnet, um Preisstabilität zu gewährleisten. US-Präsident Donald Trump hatte zuletzt wiederholt die amerikanische Notenbank Fed angegriffen und Zinssenkungen gefordert.
Teilnehmer hatten im Vorfeld überwiegend nicht damit gerechnet, dass sich die G20-Staaten auf einen Text mit gemeinsamen Bewertungen und Zielen verständigen können. Seit dem Wiedereinzug von Trump ins Weiße Haus und dem von dem US-Präsidenten angezettelten Handelskrieg gelang dies nicht mehr. Der Republikaner gilt als Kritiker internationaler Organisationen und Verhandlungsformate. US-Finanzminister Scott Bessent fehlte in Durban auch, wie schon beim Treffen im Februar in Kapstadt. Die G20-Dokumente sind nicht bindend und oft auch vage in der genauen Formulierung. Teilnehmer sagten Reuters, aus Rücksicht auf die USA würden Zölle nicht als schädlich bezeichnet. Zudem werde der Begriff Klimawandel vermieden.
Der Internationale Währungsfonds will Ende Juli seine Prognosen für die Weltwirtschaft aktualisieren. Im April war der IWF noch von einem Wachstum von 2,8 Prozent 2025 und 3,0 Prozent 2026 ausgegangen. Beide Werte liegen deutlich unter dem langjährigen Schnitt von 3,7 Prozent. Die Unsicherheit bleibe groß. Der Handelskonflikt müsse gelöst werden.
ABGESPECKTE G20 NÄCHSTES JAHR ZU ERWARTEN
Die USA übernehmen im nächsten Jahr den rotierenden Vorsitz der G20-Gruppe. Insidern zufolge will die Trump-Regierung die Prozesse deutlich verschlanken – der Fokus soll nur noch auf dem Treffen der Staats- und Regierungschefs sowie den Finanzministern liegen. Bisher bewährte Treffen zu den Themen Energie, Gesundheit, Handel und Umwelt würden dann wegfallen. Die USA waren 1999 maßgeblich daran beteiligt, die G20-Gruppe ins Leben zu rufen. Sie spielte eine wesentliche Rolle bei den Konsequenzen aus der weltweiten Finanzkrise von 2008. Die Trump-Regierung fordert auch, dass sich der IWF und die Weltbank auf ihre Kernaufgaben fokussieren. Dazu gehören aus US-Sicht nicht Klimafinanzierung oder Geschlechtergleichheit.
Bundesfinanzminister Lars Klingbeil sagte, das G20-Jahr unter US-Präsidentschaft werde spannend. Südafrika habe die richtigen Schwerpunkte gesetzt. Der SPD-Chef bekräftigte, die Verbindung zu Afrika vertiefen und sich für mehr private Investitionen dort einsetzen zu wollen. Zu lange sei das Feld Russland und China überlassen worden.
(Bericht von Maria Martinez, Christian Krämer und Andrea Shalal, redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)