IW-Studie: China erzielt über Wechselkurs Handelsvorteile zulasten Europas

Berlin (Reuters) – China verschafft sich laut einer Studie durch geschicktes Justieren der Wechselkursschraube Handelsvorteile zulasten europäischer und deutscher Unternehmen.

Dafür sorge die Zentralbank, die den Wechselkurs des Yuan zum Euro nicht flexibel anpassen lasse und so eine deutliche Yuan-Aufwertung unterdrückt habe, lautet das Fazit der Untersuchung des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), die Reuters am Mittwoch vorlag.

Das Agieren der Notenbank deute auf Währungsmanipulation hin, vermutet Studienautor Jürgen Matthes. Es gebe keinen hundertprozentigen Beweis, doch die Indikatoren zeigten klar in diese Richtung. Die Zentralbank reagierte zunächst nicht auf eine Bitte um Stellungnahme. China hatte in der Vergangenheit auf Vorwürfe der Währungsmanipulation erklärt, dass es der Umsetzung eines gesteuerten flexiblen Wechselkurssystems auf der Basis von Angebot und Nachfrage verpflichtet sei.

Der IW-Experte sagte, zwar habe sich der Yuan-Euro-Wechselkurs in den vergangenen Jahren unauffällig entwickelt. Aber genau darin liege das Problem, da sich die Kostenrelationen zwischen Europa und China stark verschoben hätten.

Aus europäischer Sicht sei die so entstandene Unterbewertung des Yuan ein sehr relevantes Problem: “Wir hören zunehmend, dass deutsche Unternehmen, etwa in der Autoindustrie oder dem Maschinenbau, ihre Vorleistungen aufgrund extremer Niedrigpreise immer mehr in China einkaufen und immer weniger in Deutschland”, erläuterte der IW-Experte. “Die wegen der Yuan-Unterbewertung künstlichen Kostenvorteile Chinas sind einfach zu attraktiv.”

Der Markt zwinge die Firmen quasi dazu, sie auch zu nutzen, weil deren Wettbewerber auch immer mehr auf China zurückgriffen: “Wer nicht mitmacht, verliert Marktanteile an die Konkurrenten, die Chinas Preisvorteile voll für sich nutzen.” Der Studie zufolge hätte Chinas Währung in den vergangenen Jahren gegenüber dem Euro deutlich aufwerten müssen.

“ENORMER KOSTENVORTEIL”

Das Kölner Institut belegt das damit, dass die Erzeugerpreise in Deutschland und im Euroraum nach 2020 vor allem wegen der Lieferkettenengpässe und der Energiekrise sehr stark gestiegen seien, in China aber kaum. Da der chinesische Wechselkurs kaum reagierte, habe diese Konstellation zu einer sehr großen realen Aufwertung (basierend auf den Erzeugerpreisen) des Euro gegenüber dem Yuan von über 40 Prozent für Deutschland und den Euroraum zwischen Anfang 2020 und Frühjahr 2025 geführt. Damit sei ein enormer Preis- und Kostenvorteil für China entstanden.

In der Folge habe das Defizit im Handel mit China stark zugenommen. Entscheidend sei, dass durch die höheren Importkaufzahlungen aus dem Euroraum auch die Nachfrage nach Yuan auf dem Euro-Yuan-Devisenmarkt gestiegen sei. Wenn sich der Wechselkurs flexibel und marktbasiert hätte bilden können, wäre der Yuan gegenüber dem Euro laut IW deutlich teurer geworden. Und dies, zumal die höhere Yuan-Nachfrage nicht durch Kapitalflüsse und andere Zahlungströme kompensiert wurde. Dass sich die Zentralbank gegen das Gesetz von Angebot und Nachfrage gestemmt und die Aufwertung verhindert habe, deute klar auf Währungsmanipulation hin, meint Matthes. Das sei nicht länger hinzunehmen, weil die extremen Niedrigpreise Chinas der europäischen Wirtschaft stark schadeten. Die EU-Handelspolitik sei gefragt.

EURO ALS “KOLLATERALSCHADEN”

Die USA haben China trotz des Abwertungsdrucks auf seine Währung vorerst nicht als Währungsmanipulator bezeichnet. Doch rügte das Finanzministerium, das Land falle durch mangelnde Transparenz in Bezug auf die Wechselkurspolitik und -praxis auf.

Hier sieht auch Matthes die Krux beim Wechselkurs zum Euro: Das Vorgehen der Zentralbank sei sehr intransparent. Beim Justieren des Yuan-Kurses, der sich nur in einer eng begrenzten Spanne bewegen könne, spiele das Verhältnis zum Dollar eine zentrale Rolle, aber auch ein Währungskorb. “Aber wie das genau passiert, weiß keiner außerhalb Chinas.” Der Euro sei quasi “ein Kollateralschaden” der Art und Weise, wie die Chinesen ihre Währung gegenüber dem Dollar und diesem Währungskorb managten.

(Bericht von Reinhard Becker, Mitarbeit: Sarah Marsh; Eduardo Baptista, redigiert von Thomas Seythal)

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