Mailand (Reuters) – Die italienische Großbank Unicredit hat im Ringen um die Übernahme der Mailänder Regionalbank Banco BPM die Reißleine gezogen.
Das Geldhaus habe die Pläne zu den Akten gelegt, die wegen der unklaren Situation zu einem Hemmschuh für Unicredit geworden seien, erläuterte Unicredit-Chef Andrea Orcel am Mittwoch. Zugleich vermeldete das Geldhaus für das zweite Quartal einen Gewinnanstieg von gut sieben Prozent auf 2,9 Milliarden Euro, was die Erwartungen der Analysten übertraf. Deshalb erhöhte Unicredit die Prognose für das Gesamtjahr und peilt nun einen Gewinn von 10,5 Milliarden Euro an – zuvor hatte es 9,3 Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Auch die Aktionäre sollen davon profitieren: Unicredit will zwischen 2025 und 2027 mindestens 30 Milliarden Euro an sie ausschütten, mindestens die Hälfte davon in Form von Dividenden.
Nach dem Rückschlag bei der BPM dürfte nun die Commerzbank wieder stärker in den Fokus Orcels rücken. Dieser kündigte an, dass das Institut seinen Commerzbank-Anteil ab 2026 in seine Bücher nehmen werde. Auch damit soll der Gewinn 2027 auf über elf Milliarden Euro steigen. Zugleich warb Orcel erneut für ein Zusammengehen mit der Commerzbank. “Ich glaube daran, dass hier Werte geschaffen werden können”, sagte er im Gespräch mit Analysten. Zwei Banken kämen zusammen, die weniger als zehn Prozent Marktanteil im deutschen Markt hätten. Beide ergänzten sich im Geschäft mit dem Mittelstand und in der regionalen Ausrichtung: “Es wird kein Blutbad geben”, sagte Orcel an die Adresse der Kritiker eines solchen Deals. Vielmehr würde ein starker Wettbewerber im deutschen Markt geschaffen.
ÜBERNAHMEN NICHT ALS SELBSTZWECK
“Ich glaube, dass das eine gute Sache für die HVB und die Commerzbank wäre – und für Deutschland”, betonte Orcel. Europa brauche eine starke Bank, die für Wachstum sorgen könne. “Aber das ist meine Meinung”, unterstrich er. Aktuell gebe es “keinen Dialog zu diesem Thema, nichts liegt auf unserem Tisch”. Die andere Seite sei nicht zum Dialog bereit. Unicredit respektiere dies: “Wir bleiben ein Investor.” Zugleich profitiere das Geldhaus von seinem Investment in die Commerzbank. “Wir sind geduldig.” Unicredit werde alles tun, um das Wachstum der Commerzbank zu unterstützen.
Unicredit hatte sich vor knapp einem Jahr überraschend bei der Commerzbank eingekauft. Inzwischen halten die Italiener direkt mehr als 19 Prozent der Aktien und haben angekündigt, weitere Derivate in Aktien umzuwandeln, was ihnen weitere neun Prozent verschaffen würde. Bis zum Jahresende werde Unicredit rund 29 Prozent der Commerzbank-Aktien halten, kündigte Orcel an. Doch mit seinen Plänen stößt er in Deutschland auf Widerstand, nicht nur bei Commerzbank-Vorstandschefin Bettina Orlopp, sondern auch bei der Bundesregierung. Diese hatte wiederholt klargemacht, dass sie das Vorgehen Orcels für einen unfreundlichen Akt halte und die Eigenständigkeit der Commerzbank unterstütze.
Das weitere Vorgehen der Unicredit hänge auch vom Willen der Unicredit-Investoren ab, sagte Orcel weiter. Übernahmen seien kein Selbstzweck, betonte er. Unicredit peile sie nur dann an, wenn sie zusätzliche Werte schafften. Sei das nicht der Fall, ziehe sich Unicredit zurück – wie das Beispiel der BPM zeige.
SCHLUSSSTRICH BEI BPM
Unicredit selbst blicke auf das beste Halbjahr der Geschichte zurück, sagte Orcel. An der Börse kam das gut an. Unicredit-Aktien legten bis zum Mittag mehr als vier Prozent zu. Orcel hatte das Geldhaus nach seiner Amtsübernahme 2021 auf Profit getrimmt und ihm zugleich einen Kurs der Expansion verordnet. Getrübt wurde das Bild aber durch die Entwicklung bei der BPM, bei der Orcel letztlich am Widerstand der Regierung in Rom scheiterte. Der Unicredit-Vorstand hatte am Dienstag beschlossen, die 14,6 Milliarden Euro schwere Umtauschofferte für die kleinere BPM zurückzuziehen. Der Einfluss der Regierung, die aufgrund ihrer besonderen Befugnisse die Bedingungen einer Übernahme von BPM diktieren oder diese unter Verweis auf die Interessen des Landes ganz verbieten kann, habe das Angebot zerstört, begründete das Geldhaus den Schritt. “Wir haben einen Schlussstrich gezogen und gehen nun weiter”, sagte Orcel.
(Bericht von Valentina Za, Matthias Inverardi und Alexander Hübner, redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bittean unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)