– von Laurie Chen und Andreas Rinke
Peking/Berlin (Reuters) – EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat China mit einer Beschränkung des EU-Marktzugangs gedroht, wenn das Land seinen Handelsüberschuss mit Europa nicht abbaut.
Zugleich betonte sie nach dem EU-China-Gipfel in Peking am Donnerstag aber, dass es wichtige Fortschritte bei den Ausfuhrproblemen für Seltene Erden gebe. Beide Seiten bekannten sich in einer gemeinsamen Erklärung zum Kampf gegen den Klimawandel und den Umstieg auf Erneuerbare Energie. Die EU und China könnten beim Klimaschutz einen “globalen Maßstab” setzen, schrieb Ursula von der Leyen auf der Online-Plattform X. Zuvor hatte Chinas Präsident Xi Jinping der EU deutliche Vorwürfe in der Handelspolitik gemacht.
Bereits vor dem eintägigen Gipfeltreffen, dem ersten seit Dezember 2023, waren die Erwartungen an die Gespräche gedämpft worden. Der Gipfel fand zum 50. Jahrestag der diplomatischen Beziehungen zwischen der mittlerweile zweitgrößten Volkswirtschaft und dem größten Binnenmarkt der Welt statt.
Nach dem Gipfel zeigte sich von der Leyen aber zufrieden, dass man im Streitthema Seltene Erden einen neuen Mechanismus vereinbart habe, der die teilweise blockierte Ausfuhr Seltener Erden aus China wieder beschleunigen soll. “Im Falle einer kritischen Verzögerung haben wir nun einen Mechanismus eingerichtet, über den die Unternehmen uns umgehend um Vermittlung bitten können, um die Gründe für die Verzögerung bei der Lieferung der kritischen Rohstoffe an die Unternehmen zu ermitteln.” Dies sei ein sehr wichtiger Schritt bei einem der für europäische Firmen wichtigsten Themen, bei dem es Beschwerden gegeben habe. Ansonsten fordere man von China vor allem einen fairen Marktzugang, fügte sie hinzu.
WARNUNG VOR MARKTSCHLIESSUNG
Die EU-Kommissionspräsidentin warnte aber davor, dass die EU ihre Offenheit gegenüber chinesischen Importen möglicherweise reduzieren müsse, wenn Peking nicht stärker auf gleichwertige Regeln im Handel achte. Immerhin habe die chinesische Führung begonnen, sich mit diesem Thema zu befassen und ihre Bereitschaft bekundet, den Konsum zu fördern. “Im Gegensatz zu anderen großen Märkten hält Europa seinen Markt für chinesische Waren offen”, sagte sie in Anspielung etwa auf die USA. Aber in China gebe es Überkapazitäten mit einer subventionierten Produktion, die nicht der Binnennachfrage entspreche. Wenn diese Waren auf den Weltmarkt gebracht würden und es Beschränkung auf anderen Märkten gebe, setze dies den EU-Binnenmarkt unter Druck. “Ohne Fortschritte in dieser Frage wäre es für die EU sehr schwierig, ihr derzeitiges Maß an Offenheit aufrechtzuerhalten”, fügte sie hinzu.
USA UND RUSSLAND ÜBERSCHATTEN GIPFEL
Ein Grund für die Spannungen der vergangenen Wochen sind die Zollauseinandersetzungen, die US-Präsident Donald Trump mit weiten Teilen der Welt vom Zaun gebrochen hat. Je nachdem, wie diese ausgehen, befürchten die EU und China auch Auswirkungen auf ihren bilateralen Handel. Von der Leyen verwies darauf, dass es schon im vergangenen Jahr ein Handelsdefizit der EU mit China von 305,8 Milliarden Euro gab, Tendenz steigend.
Zudem belastet Chinas Unterstützung für Russland nach dem Überfall auf die Ukraine aus europäischer Sicht die Beziehungen. Die Führung in Peking hatte scharf kritisiert, dass im 18. EU-Sanktionspaket gegen Russland auch zwei Banken und fünf Unternehmen aus China gelistet wurden. Die EU wirft China vor, Russland sogenannte Dual-Use-Güter zu liefern, die auch im Krieg gegen die Ukraine verwendet werden können. China weist dies zurück. EU-Ratspräsident Antonio Costa betonte aber, dass die Führung in Peking einsehen müsse, dass in Kriegszeiten Dual-Use-Güter für das Militär werden könnten. China habe als ständiges UN-Sicherheitsratsmitglied die Verantwortung, mit für ein Ende des Krieges in der Ukraine zu sorgen, mahnte auch von der Leyen.
China wiederum klagt, dass die EU Einfuhrzölle auf in der Volksrepublik gebaute E-Autos erhoben hat. Das kritisieren auch Teile der deutschen Autoindustrie, die in China fertigen lässt. Handelsbeschränkungen hat die EU auch gegen Medizintechnik aus China erlassen. “Die aktuellen Herausforderungen für Europa kommen nicht von China”, betonte Präsident Xi Jinping bei dem Treffen mit von der Leyen und Costa laut staatlicher Nachrichtenagentur Xinhua. Er forderte die EU auf, “an offener Zusammenarbeit festzuhalten und Differenzen und Reibereien angemessen zu bewältigen”. Die Verbesserung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit könne nicht durch den Bau von Mauern und Festungen erreicht werden, fügte Xi hinzu. “Entkopplung und das Durchbrechen von (Liefer-) Ketten führen nur zur Isolation.”
Von der Leyen und Costa hatten am Vortag in Tokio an einem Gipfel mit Japan teilgenommen. Ein zentrales Thema in den Beratungen mit dem G7-Staat war, wie man die Versorgungssicherheit für die Wirtschaft verbessern kann. Japan gilt hier als Vorbild, weil es seit Jahren eine Lagerhaltung für strategisch wichtige Metalle betreibt. Damit ist das Land weniger anfällig für Ausfuhrrestriktionen von Rohstofflieferanten wie China, aber auch Indonesien.
(Bericht von Liz Lee, Laurie Chen and Xiuhao Chen, geschrieben von Andreas Rinke; redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)