Bangkok/Phnom Penh (Reuters) – Bei schweren Gefechten an der Grenze zwischen Thailand und Kambodscha sind am Donnerstag mindestens zwölf Menschen getötet worden.
Darunter waren nach thailändischen Angaben elf Zivilisten. In einer Eskalation des seit Wochen wieder aufgeflammten Streits über den Grenzverlauf setzte Thailand nach eigenen Angaben auch einen F-16-Kampfjet ein und bombardierte Ziele in Kambodscha. Beide Seiten machten sich gegenseitig für den Ausbruch der Kämpfe verantwortlich.
Thailands Interims-Regierungschef Phumtham Wechayachai warf Kambodscha vor, mit schweren Waffen wahllos Ziele in Thailand beschossen zu haben, was zu zivilen Todesopfern geführt habe. Bevor es Verhandlungen geben könne, müsse zunächst die Gewalt enden, sagte er. Der Konflikt sei aber regional begrenzt und weite sich nicht auf weitere Provinzen aus. Es habe keine Kriegserklärung gegeben, betonte der geschäftsführende Ministerpräsident.
Thailand und Kambodscha streiten seit mehr als einem Jahrhundert über den Verlauf ihrer 817 Kilometer langen Grenze. Dies führte immer wieder zu bewaffneten Auseinandersetzungen, unter anderem im Jahr 2011. Die Spannungen hatten sich im Mai nach dem Tod eines kambodschanischen Soldaten bei einem Feuergefecht wieder verschärft. Thailand wirft Kambodscha vor, kürzlich neue Landminen in dem umstrittenen Gebiet verlegt zu haben. Die Regierung in Phnom Penh bestreitet dies und erklärt, die Minen stammten aus dem jahrzehntealten Bürgerkrieg.
Den Gefechten war eine diplomatische Eskalation vorausgegangen. Thailand hatte am Mittwoch seinen Botschafter aus Kambodscha zurückgerufen und die Ausweisung des kambodschanischen Gesandten angekündigt. Anlass war die Verletzung eines zweiten thailändischen Soldaten innerhalb einer Woche durch eine Landmine. Der malaysische Ministerpräsident Anwar Ibrahim, dessen Land derzeit den Vorsitz des südostasiatischen Staatenbundes Asean innehat, rief zur Mäßigung auf. Auch China äußerte sich besorgt und bot an, bei einer Deeskalation zu vermitteln.
“RÜCKSICHTSLOSE UND BRUTALE MILITÄRISCHE AGGRESSION”
Die thailändische Armee teilte am Donnerstag mit, eines von sechs bereitgestellten F-16-Flugzeugen habe ein militärisches Ziel in Kambodscha zerstört. “Wir haben wie geplant Luftstreitkräfte gegen militärische Ziele eingesetzt”, sagte ein Armeesprecher. Das kambodschanische Verteidigungsministerium erklärte hingegen, die Jets hätten zwei Bomben auf eine Straße abgeworfen, und verurteilte die “rücksichtslose und brutale militärische Aggression”. Thailand schloss zudem seine Grenze zu Kambodscha.
Dem thailändischen Gesundheitsminister zufolge wurden bei Artilleriebeschuss durch kambodschanische Streitkräfte elf Zivilisten, darunter ein achtjähriger Junge, und ein Soldat getötet. Zudem seien 24 Zivilisten und sieben Soldaten verletzt worden. In der thailändischen Grenzprovinz Surin brachten sich Anwohner in Bunkern in Sicherheit. Die Behörden evakuierten nach eigenen Angaben 40.000 Zivilisten aus 86 Grenzdörfern. Angaben zu Opfern auf kambodschanischer Seite lagen zunächst nicht vor.
(Bericht von Panu Wongcha-um und Chayut Setboonsarng, geschrieben von Christian Rüttger und Alexander Ratz, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)