– von Andreas Rinke und Philip Blenkinsop und Mariko Katsumura und Trevor Hunnicutt
Berlin/Washington/Tokio/Brüssel/Berlin (Reuters) – Nach dem Handelsabkommen zwischen den USA und Japan wächst die Hoffnung, dass auch die EU in Kürze den Zollstreit mit US-Präsident Donald Trump beilegen kann.
Kanzler Friedrich Merz sagte am Mittwochabend vor einem Gespräch mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, dass man über die aktuelle Handelspolitik reden werde, “zu der wir in diesen Minuten hören, dass es möglicherweise Entscheidungen geben könnte”. Macron selbst sagte, man wolle eine schnelle, aber gute Lösung.
Mehrere EU-Diplomaten hatten zuvor gesagt, dass die Verhandlungssituation besser als gestern aussehe und dass man sich auf einen Abschluss mit einem 15-prozentigen Zollsatz auf EU-Waren zubewege. Möglicherweise gibt es wie für Japan auch für Europa einen sogenannten asymmetrischen Abschluss, wenn auch die EU ihrerseits den Zollsatz für US-Importe teilweise auf Null Prozent senken sollte.
Die EU-Kommission teilte am Mittwoch mit, weiter auf eine Verhandlungslösung im Zollstreit mit den USA zu setzen. Allerdings wurde nun verstärkt die Drohkulisse betont, dass die EU nach dem 1. August mit harten Gegenmaßnahmen antworten wird, sollte Trump wirklich den Zollsatz auf 30 Prozent anheben. Es sei in dieser letzten Verhandlungsphase mit den USA richtig, dass die EU-Kommission nun Gegenzölle in Höhe von knapp 100 Milliarden Euro und mögliche nicht-tarifäre Maßnahmen gegen die USA prüfe, hieß es auch in deutschen Regierungskreisen. “Sieben Tage vor dem Verhandlungsende sollte man auch zeigen, was man kann.”
Macron betonte, dass sich Deutschland, Frankreich, die EU-Kommission und die italienische Regierung in den vergangenen Tagen sehr eng abgestimmt hätten. “Das Ziel ist es, eine echte Annäherung zwischen uns und der Präsidentin der Europäischen Kommission zu erreichen, um die Zollfragen so schnell und so gut wie möglich abzuschließen”, fügte er hinzu.
Eine endgültige Einigung wurde allerdings nicht für Mittwoch erwartet, weil sich Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf einer Asienreise befindet. Am Mittwoch fand in Tokio der EU-Japan-Gipfel statt. Am Donnerstag nehmen von der Leyen und EU-Ratspräsident Antonio Costa in Peking am EU-China-Gipfel teil. EU-Handelskommissar Maros Sefcovic sollte am Nachmittag mit US-Handelsminister Howard Lutnick beraten.
Macron betonte, dass man Stabilität schaffen und möglichst niedrige Zölle erreichen wolle. Aber man müsse auch dafür sorgen, dass die EU als Partner respektiert werde, zumal sich die EU stets an die Regeln des internationalen Handels gehalten habe, an die man weiterhin glaube. Dies zielt auf Trump, der zahlreiche Staaten mit Zollauseinandersetzungen überzogen hat. Aus Regierungskreisen hieß es zudem, es habe zwischen Deutschland und Frankreich nie inhaltliche Differenzen über ein EU-USA-Abkommen gegeben, sondern eher Diskussionen über die Frage des Timings möglicher europäischer Gegenmaßnahmen.
ABSCHLUSS MIT JAPAN KEINE BLAUPAUSE?
Die USA werden Trump zufolge künftig Zölle in Höhe von 15 Prozent auf Importe aus Japan erheben. Ursprünglich hatte der Republikaner mit 25 Prozent gedroht. Zudem werde Japan 550 Milliarden Dollar in den USA investieren, schrieb Trump auf seinem Kurznachrichtendienst Truth Social. Japan werde den Zugang für US-Hersteller von Autos, Lastwagen, Reis und bestimmten landwirtschaftlichen Produkten auf seinen Märkten erleichtern. Nach Angaben des Weißen Hauses hat Japan zugesagt, 100 Flugzeuge von Boeing zu kaufen. Die Rüstungsgeschäfte mit US-Firmen sollten zudem von 14 auf 17 Milliarden Dollar pro Jahr erhöht werden.
Autos aus Japan machen mehr als ein Viertel des Exportvolumens Richtung USA aus. Japans Ministerpräsident Shigeru Ishiba zufolge werden für sie auch die 15 Prozent gelten. Bisher waren es 25 Prozent. Es gebe zudem keine Export-Obergrenzen. Stahl und Aluminium wurden bei dem Deal ausgeklammert, wie der japanische Chefverhandler Ryosei Akazawa sagte. Hier gelten weiterhin US-Zölle von 50 Prozent. Die Bundesregierung sieht die Verständigung zwischen Washington und Tokio nicht als Blaupause für ein transatlantisches Abkommen. “Die Handelssituation ist nicht vergleichbar”, sagte Regierungssprecher Stefan Kornelius.
An den Börsen sorgte das Abkommen dennoch für Euphorie. Der Dow-Jones-Index etwa kletterte im Verlauf um etwa ein Prozent. In Europa legte der Future auf den EuroStoxx50-Index um 2,3 Prozent zu. Der Dax stieg nachbörslich nach der FT-Meldung unmittelbar um rund ein Prozent auf etwa 24.500 Punkte, gab dann aber einen kleineren Teil davon wieder ab.
(Redigiert von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)