Berlusconi-Holding bessert Offerte für ProSiebenSat.1 nach

– von Alexander Hübner

München (Reuters) -Im Tauziehen um die Senderkette ProSiebenSat.1 legt der italienische Medienkonzern MFE nach und setzt damit den tschechischen Rivalen PPF unter Zugzwang. “Nicht, weil unser anfängliches Angebot unangemessen gewesen wäre, sondern weil wir von dem Industrieprojekt überzeugt sind, das wir seit Jahren als Hauptaktionär unterstützen”, begründete Pier Silvio Berlusconi, der Chef der Familienholding, die Aufstockung am Montag. MFE-MediaForEurope erhöht allerdings nur den Aktienanteil der Offerte, die mit knapp acht Euro nun über der Bar-Offerte von PPF über 7,00 Euro und über dem Kurs der ProSieben-Aktie liegt. Diese schoss am Montag um elf Prozent auf 7,80 Euro nach oben. ProSiebenSat.1 würde mit dem aufgebesserten Angebot mit gut 1,8 Milliarden Euro bewertet.

Berlusconi bekräftigte, sein Unternehmen wolle die deutsche Senderkette (Pro7, Sat.1, Kabel 1 und weitere Spartensender) nicht komplett übernehmen. “Wir zielen nicht auf vollständige Kontrolle ab, sondern auf eine Flexibilität, die es uns ermöglicht, eine klare Richtung vorzugeben, die auf einer gemeinsamen Vision beruht”, sagte Berlusconi. Gleichzeitig rechnete MFE vor, dass Einsparungen und Ergebniseffekte von mehr als 400 Millionen Euro einem Zusammenschluss beider Unternehmen machbar wären – “sofern und sobald sie realisierbar ist”. Dabei gehe es vor allem um Werbung, Technologie und Daten.

ProSiebenSat.1-Chef Bert Habets reagierte wohlwollend. Die Aufstockung “unterstreicht das langfristig angelegte Investment und fortgesetzte Engagement” von MFE. “Wir unterstützen (…) ein paneuropäisches Projekt, auch in enger Zusammenarbeit mit MFE, und freuen uns auf die Fortsetzung der gemeinsamen Gespräche.” Ein PPF-Sprecher wollte sich nicht zu dem Vorstoß von MFE äußern.

MFE werde die redaktionelle Unabhängigkeit und die nationale Identität von ProSieben bewahren, betonte der Medienunternehmer. Damit reagierte er auch auf die Bedenken der Bundesregierung, die sich am Wochenende eingeschaltet hatte. Kulturstaatsminister Wolfram Weimer lud Berlusconi zu einem Gespräch ins Kanzleramt ein. “Ein Eigentümerwechsel darf nicht zu einer Einschränkung der journalistischen Unabhängigkeit führen”, betonte Weimer.

Der Vorsitzende des Deutschen Journalistenverbandes (DJV), Mika Beuster, begrüßte den Vorstoß Weimers: “Wir warnen bereits seit Längerem vor der Übernahme durch die Berlusconi-Erben. Zum einen aus Sorge um journalistische Arbeitsplätze, zum anderen wegen der bedenklichen Nähe der MFE-Medien zu rechtspopulistischen Positionen.” Pier Silvio Berlusconi ist der Sohn des früheren italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi, dem gute Verbindungen zu Russlands Präsident Wladimir Putin nachgesagt wurden. Deutschland hat der Regierung in Moskau wiederholt die bewusste Verbreitung von Desinformation in Europa vorgeworfen.

BISHER WENIG RESONANZ VON AKTIONÄREN

MFE hält bereits 30,63 Prozent an ProSiebenSat.1. Den übrigen Eignern bieten die Italiener nun neben einer konstanten Bar-Komponente von 4,48 Euro 1,3 der wenig gehandelten MFE-A-Aktien. Bislang lag die Aktienkomponente bei 0,4 Papieren. Die MFE-Aktien gingen am Montag kräftig in die Knie. Zum Schlusskurs vom Freitag war die aufgebesserte Offerte knapp 8,15 Euro wert, am Montagmittag nur noch 7,95 Euro.

Neben MFE bemüht sich auch der tschechische ProSieben-Großaktionär PPF um eine Aufstockung seines Anteils, hat sein Angebot aber auf maximal 29,99 Prozent begrenzt, um eine Übernahmeofferte zu vermeiden. MFE und PFF haben bisher kaum ProSiebenSat.1-Aktionäre aus der Reserve gelockt. Die meisten institutionellen Investoren warten aber bis zum letzten Moment. Die Annahmefrist für das Angebot läuft noch bis zum 13. August. PPF kommt bisher auf 16,48 Prozent an ProSiebenSat.1. Sollte eines der beiden Angebote nach dem 30. Juli (Mittwoch) erhöht werden, verlängert sich die Frist um zwei Wochen.

(Bericht von Alexander HübnerMitarbeit: Hakan Ersen und Elvira PollinaRedigiert von Ralf BanserBei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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