– von Holger Hansen
Berlin (Reuters) – Die Bundesregierung plant für das Jahr 2026 neue Schulden von 174,3 Milliarden Euro.
In seinem Etatentwurf geht Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) damit von einem um rund 31 Milliarden höheren Kreditbedarf als im laufenden Jahr aus, wie am Montag aus dem Ministerium verlautete. Maßgeblich für den Schuldenaufwuchs seien der Hochlauf der Investitionen etwa in die Infrastruktur und stark steigende Verteidigungsausgaben. In den Jahren 2025 bis 2029 plant der Bund demzufolge neue Schulden von insgesamt 851,1 Milliarden Euro. Trotz dieser gewaltigen Summe klafft in der Finanzplanung für die Jahre 2027 bis 2029 noch eine Finanzierungslücke von rund 172 Milliarden Euro.
Das Kabinett will den Etatentwurf am Mittwoch beschließen. Der Bundestag soll im September erstmals darüber beraten. Die Schlussberatungen des Bundestages sind für November geplant. Den Etatentwurf für 2025 hatte die neue Bundesregierung aus CDU, CSU und SPD im Juni auf den Weg gebracht. Rein rechnerisch wird in beiden Entwürfen die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse eingehalten. Den Spielraum für die hohe Kreditaufnahme hatte sich die Regierung bereits vor ihrem Amtsantritt mit zwei Grundgesetzänderungen verschafft. Für Verteidigungsausgaben wurde die Schuldenbremse faktisch außer Kraft gesetzt, während für Infrastruktur und Klimaneutralität ein kreditfinanzierter 500-Milliarden-Euro-Sonderetat geschaffen wurde.
EINE BILLION EURO FINANZBEDARF IM PLANUNGSZEITRAUM BIS 2029
Neue Schulden und die noch ungedeckten Haushaltslöcher summieren sich im Finanzplan bis 2029 somit auf mehr als eine Billion Euro. Die Summe ist noch einmal höher als beim Kabinettsbeschluss im Juni zum Etatentwurf 2025. Im Finanzministerium wurde dies vor allem damit begründet, dass der Bund die Einnahmeausfälle für Kommunen und Länder durch die Steuererleichterungen im Wachstumsbooster weitgehend ausgleicht. Zudem werde die Ausweitung der Mütterrente bereits ab 2027 jährlich fünf Milliarden Euro kosten. Auch die Zinslasten seien nach einer Neuberechnung höher. Sie steigen bis 2029 auf dann 66,5 Milliarden Euro.
Die Schließung der Finanzierungslücken ab dem Jahr 2027 sei die “zentrale finanzpolitische Herausforderung für die nächsten Monate und Jahre”, hieß es im Finanzministerium. Die Regierung setze dabei vor allem auf stärkeres Wachstum. Es gebe “eine berechtigte Hoffnung, dass sich das Wachstumsumfeld spürbar verbessern könnte im Vergleich zu unserer Frühjahrsprojektion”. Allerdings müsse noch intensiver analysiert werden, was die Einigung zwischen der EU und den USA im Zollstreit bedeute. Damit verteuern sich deutsche Exporte in die USA. Neben Wachstum benötige es aber auch “vielfältige Einzelmaßnahmen”. Alle Ministerien müssten konkrete Sparpotenziale benennen.
Der Etat für 2026 sieht Gesamtausgaben von 520,5 Milliarden Euro vor. Der Verteidigungsetat soll von 62,4 Milliarden Euro auf 82,4 Milliarden Euro steigen. Hinzu kommen 25,5 Milliarden Euro aus dem Sonderetat für die Bundeswehr und 8,5 Milliarden Euro für Militärhilfe an die Ukraine. 2029 soll der Wehretat im Kernhaushalt 152,8 Milliarden Euro erreichen und somit fast den dreifachen Haushaltsansatz aus dem Jahr 2024. Die Nato-Quote als Anteil der Verteidigungsausgaben an der Wirtschaftsleistung soll auf rund 2,8 Prozent steigen und 2029 3,5 Prozent erreichen.
Die Investitionen sollen 2026 auf 126,7 Milliarden Euro steigen, von geplanten 115,7 Milliarden Euro in diesem Jahr. Ohne finanzielle Transaktionen seien es knapp unter 120 Milliarden Euro. Ein Großteil davon kommt aus dem Sonderetat Infrastruktur und Klimaneutralität (SVIK), aus dem 2026 rund 40,5 Milliarden Euro bereitgestellt werden. Dabei sind Zuschüsse an die Länder und an den Klimafonds nicht berücksichtigt. Wesentlicher Schwerpunkt seien hier mit 21,3 Milliarden Euro die Verkehrsinvestitionen in Straße, Schiene und Wasserwege. Weitere Mittel seien für Digitalisierung (8,5 Milliarden Euro) und die Krankenhausinfrastruktur (sechs Milliarden Euro) vorgesehen.
Aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) sind den Angaben zufolge Programmausgaben von 35,7 Milliarden Euro vorgesehen. Dazu gehört auch eine Entlastung bei den Energiekosten für Privathaushalte und Unternehmen durch einen Zuschuss von 6,5 Milliarden Euro zu den Stromnetzentgelten. Eine Senkung der Stromsteuer auch für Privathaushalte ist im Etatentwurf für 2026 demnach weiterhin nicht vorgesehen. Für die Förderung des Klimaschutzes im Gebäudebereich etwa durch neue Heizsysteme sind 12,6 Milliarden Euro vorgesehen. Das sind knapp vier Milliarden Euro weniger als für 2025 geplant.
(Redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)