Deutsche Autobauer erwarten nach EU-US-Zolldeal keine Extrawurst

– von Ilona Wissenbach und Christina Amann

Frankfurt/Berlin (Reuters) – Die deutschen Autobauer begraben nach der Zolleinigung der Europäischen Union mit US-Präsident Donald Trump ihre Hoffnung auf eine günstige Sonderbehandlung.

Am Wochenende sei ein klarer und einfacher Deal abgeschlossen worden mit einem generellen Einfuhrzoll von 15 Prozent für die EU, erklärte Mercedes-Chef Ola Källenius am Mittwoch. “Wir waren außen vor – der globale Deal, das war’s fürs Erste.” Er rechne nicht mit einer Zusatzvereinbarung. Auch Oliver Blume, Chef von Volkswagen und Porsche, schraubte seine Erwartungen zurück. Es werde keinen separaten Auto-Deal geben. Er sei aber zuversichtlich, dass VW für mögliche Investitionen in den USA einen “Bonus” bekomme.

Die massiven Zollerhöhungen der USA hatten die Autobauer zusammen mit der Stahl- und Aluminiumindustrie als erstes getroffen. Seit April galt ein branchenspezifischer Aufschlag von 27,5 Prozent. Die Zölle für die anderen Branchen wurden dagegen zunächst aufgeschoben, um Raum für Verhandlungen zu lassen. Während die EU mit der US-Regierung am Tisch saß, wurden die deutschen Autobauer im Weißen Haus vorstellig. Mercedes-Benz und BMW sind große Arbeitgeber in den USA mit ihrer lokalen Produktion dort und exportieren verschiedene SUV-Modelle auch nach Europa. Sie warben darum, ihre Exporte mit den Importen zu verrechnen.

Der VW-Konzern hat ein kleineres Werk in den USA, wo ein VW-SUV und der elektrische ID.4 gebaut werden. Er trägt sich mit dem Gedanken, für die Premiumtochter Audi erstmals eine Produktion in den USA hochzuziehen, die bislang wie auch die Sportwagentochter Porsche vollständig auf Importe angewiesen ist. Als Belohnung erhoffte der Konzern ein Entgegenkommen beim Zoll. Sollte es nun einen Bonus für die Investitionen geben, werde das nicht in Zusammenhang mit dem Zoll stehen, sagte Blume nun. Noch am Freitag hatte er sich bei der Vorlage der VW-Zahlen zuversichtlicher gezeigt.

Mercedes-Chef Källenius verwies darauf, dass wegen der Exporte aus den USA die Zollvereinbarung auch einen Vorteil für die deutsche Autoindustrie hat. Laut Verband VDA stammen zwei von drei Autos, die aus den USA nach Europa geliefert werden, von einem deutschen Hersteller. Der Zoll darauf werde von zehn auf null Prozent sinken, erklärte der Mercedes-Chef. “Die Null (Prozent) sind nicht ein Geschenk an die Amerikaner, das wird uns eher helfen und nicht schaden.”

ZÖLLE KOMMEN AUTOBAUER TEUER ZU STEHEN

Die Erleichterung über den Rückgang des Autozolls auf 15 Prozent hält sich bei den Autobossen aber sehr in Grenzen. Porsche-Chef Blume sagte, niemand sei zufrieden mit dem Deal. Der Zollsatz sei kein positives Ergebnis. Die Bremsspuren beim Gewinn waren im zweiten Quartal stark und zwingen bei Mercedes wie Porsche die Margen in die Knie. Von April bis Juni halbierte sich der operative Gewinn der Marke mit dem Stern auf zwei Milliarden Euro. Die Zollbelastung für das Hauptgeschäftsfeld Pkw machte rund 360 Millionen Euro aus. Bei Porsche beliefen sich die Zoll-Einbußen im ersten Halbjahr auf 400 Millionen Euro. Einschließlich Belastungen wie Kosten für den Personalabbau sackte der Betriebsgewinn um 90 Prozent auf 240 Millionen Euro ab.

Beide Stuttgarter Autobauer passten ihre Jahresprognosen auf der Basis eines US-Zolls von 15 Prozent bis Ende des Jahres nach unten an. Mercedes-Benz erwartet bei deutlich weniger Absatz und Umsatz nur noch eine Pkw-Rendite von vier bis sechs Prozent, wobei zunächst ein Minus von 1,5 Prozentpunkten den US-Zöllen gegenüber Europa, China und Mexiko geschuldet ist. Der Importvorteil nach Europa sei eingerechnet, aber klein, sagte Finanzchef Harald Wilhelm. Ursprünglich hatte Mercedes sechs bis acht Prozent anvisiert, was für den Luxushersteller nach zweistelligen Renditen während der Corona-Jahre eine magere Gewinnspanne ist. Autoaktien rutschten ins Minus: Mercedes-Papiere verbilligten sich um rund zwei Prozent, Porsche-Titel um knapp ein Prozent.

Porsche, vor der Krise noch mit einem Margenziel von 20 Prozent unterwegs, kappte erneut die Jahresprognose auf noch fünf bis sieben Prozent. Anfang des Jahres hatte Blume noch vergleichsweise bescheidene zehn bis zwölf Prozent für realistisch gehalten. An dem langfristigen Ziel, wieder auf einen zweistelligen Prozentsatz zu kommen, hält die Sportwagenschmiede fest.

CHINA-MARKT SCHWÄCHELT

Massiver als der US-Zoll belastet die deutschen Autobauer die Talfahrt in China. Besonders kritisch ist die Lage für Porsche. Die hartnäckige Immobilienkrise verleidet wohlhabenden Chinesen den Kauf eines Neuwagens, eine Antwort auf den Elektroautoboom hat Porsche nicht gefunden – zumal dort vor allem preisgünstige Modelle chinesischer Hersteller gefragt sind.

Beide Autobauer forcieren aufgrund der Krise Stellenabbau und Kostensenkungsprogramme. Mercedes-Benz hat mehr als 40.000 Beschäftigten außerhalb der Produktion in Deutschland angeboten, das Unternehmen gegen Abfindung zu verlassen. Im zweiten Quartal wurde dafür mehr als eine halbe Milliarde Euro zurückgestellt. Das seit Juni laufende Programm stoße auf viel Resonanz, sagte Wilhelm. “Wir sind damit gut unterwegs.”

Porsche will in der zweiten Jahreshälfte mit dem Betriebsrat über neuerliche Einschnitte verhandeln. “Es muss schmerzhafte Einschnitte geben”, sagte Finanzchef Jochen Breckner. “Das Paket wird ein weitreichendes sein.” Details werde Porsche nach einer Einigung mit dem Betriebsrat nennen. Schon Anfang des Jahres wurden die Verträge von 2000 befristet Beschäftigten nicht verlängert, bis Ende des Jahrzehnts sollen 1900 Stellen im indirekten Bereich wegfallen.

(Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com)

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