Zölle kosten Siemens Healthineers bis zu eine halbe Mrd Euro

– von Alexander Hübner

München (Reuters) – Die US-Zölle auf Waren aus Europa und anderen Länder kosten den Erlanger Medizintechnik-Konzern Siemens Healthineers kurzfristig bis zu eine halbe Milliarde Euro.

“Wir sind nicht immun gegen die Zölle”, sagte Vorstandschef Bernd Montag am Mittwoch bei der Vorlage der Quartalszahlen. Die Siemens-Tochter könne sie aber dank ihrer besonderen Stärken erst einmal wegstecken. Im abgelaufenen dritten Quartal habe Siemens Healthineers durch die Zölle 100 Millionen Euro Einbußen erlitten, bis zum Ende des Geschäftsjahres 2024/25 (per Ende September) dürften es bis zu 250 Millionen daraus werden, weil der Zollsatz für die EU auf 15 von zehn Prozent steige, sagte Finanzchef Jochen Schmitz. Für 2025/26 seien Belastungen von 400 bis 500 Millionen Euro “eine realistische Annahme”.

Reagieren könne Siemens Healthineers auf die Zölle erst über die Zeit, sagte Schmitz: “Wir gehen davon aus, dass wir sie mittelfristig wegmanagen können”, etwa über Preise, aber auch die Verlagerung von Produktion. “Für Entscheidungen ist es aber zu früh.”

QUARTALSZAHLEN ÜBER DEN ERWARTUNGEN

Trotzdem wird der Hersteller von Computertomographen, OP-Robotern, Laborstraßen und Strahlentherapie-Geräten für 2024/25 optimistischer, weil das dritte Quartal unerwartet gut gelaufen ist. Der Umsatz werde auf vergleichbarer Basis um 5,5 bis 6,0 Prozent steigen. Bisher lag die Untergrenze bei 5,0 Prozent. Das bereinigte Ergebnis je Aktie soll zwischen 2,30 und 2,45 (bisher 2,20 bis 2,50) Euro liegen. Dabei knabberten die Zölle 15 Cent je Aktie weg, sagte Schmitz. Analysten waren bisher von einem Umsatzwachstum von knapp sechs Prozent und einem Ergebnis je Aktie von 2,32 Euro ausgegangen.

Im dritten Quartal (April bis Juni) lag das Umsatzwachstum vergleichbar gerechnet mit 7,6 Prozent auf 5,66 Milliarden Euro über den Erwartungen für das Gesamtjahr. Es übertraf ebenso die Analystenerwartungen wie das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit), das um 15 Prozent auf 953 Millionen Euro kletterte. Der Nettogewinn stieg sogar um 18 Prozent auf 556 Millionen Euro. “Mit einem hohen Umsatzwachstum, einer erneuten Steigerung der Profitabilität und einem starken Free Cash-flow hatten wir ein sehr gutes Quartal”, sagte Vorstandschef Montag.

Dabei sei in China, einem der wichtigsten Märkte für Siemens Healthineers, noch immer keine nachhaltige Erholung in Sicht. Der Staat hatte dort mit rigiden Maßnahmen gegen die Korruption im Gesundheitswesen die Nachfrage gebremst, weshalb der Umsatz von Siemens Healthineers in China im Quartal nur um zwei Prozent stieg. Die Analysten von JP Morgan sehen darin aber Anlass zum Optimismus. Mit einem Plus von fast drei Prozent auf 49,81 Euro war die Healthineers-Aktie größter Gewinner im Dax.

MEHR STREUBESITZ “GUT UND ERWÜNSCHT”

Von der Ankündigung der Regierung in Peking, Medizintechnik-Importe aus Europa zu drosseln, sieht Montag den Konzern kaum betroffen: Healthineers produziere in China für China. Weltweit macht ein Auftragseingang, der um neun Prozent höher ist als der Umsatz, den Vorstand zuversichtlich. Im nächsten Geschäftsjahr drohe aber Gegenwind in den USA, wenn der US-Dollar so schwach bleibe, sagte Finanzvorstand Schmitz. Das lasse sich dann auch durch Währungssicherungen nicht mehr wie bisher wettmachen. Die USA sind der mit Abstand größte Markt für Healthineers.

Ungeduldig zeigte sich Vorstandschef Montag auf die Frage nach einem Rückzug des Mutterkonzerns Siemens: “Ich bin sicher, dass die Siemens AG auf dem Kapitalmarkttag mehr Klarheit schafft.” Siemens-Finanzvorstand Ralf Thomas, der bei Siemens Healthineers auch Aufsichtsratschef ist, hatte zum Jahreswechsel laut über einen Abbau der Healthineers-Beteiligung von bisher 73 Prozent nachgedacht, aber eine Entscheidung erst bis Ende 2025 in Aussicht gestellt. Er lasse sich davon nicht beeinflussen, sagte Montag. Ein höherer Streubesitz wäre jedenfalls “gut und erwünscht”.

(Bericht von Alexander Hübner, redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

tagreuters.com2025binary_LYNXMPEL6T0DH-VIEWIMAGE