Berlin (Reuters) – Deutschland erhöht den Druck auf Israel und fordert rasch Verhandlungen zu einer Zwei-Staaten-Lösung mit den Palästinensern.
“Für Deutschland steht die Anerkennung eines palästinensischen Staates eher am Ende des Prozesses. Aber ein solcher Prozess muss jetzt beginnen”, verlangte Außenminister Johann Wadephul (CDU) am Donnerstag vor seinem Abflug nach Israel. Deutschland werde von diesem Ziel nicht weichen. “Auf einseitige Schritte wird auch Deutschland gezwungen sein, zu reagieren.”
SPD-Vize-Fraktionschefin Siemtje Möller, die Wadephul begleitet, sagte: “Die Anerkennung eines palästinensischen Staates ist dabei kein Tabu und muss nicht zwingend am Ende eines solchen Prozesses stehen”. Es brauche einen dauerhaften Waffenstillstand im Gazastreifen und mehr Hilfe für die Palästinenser. Es müsse aber nach dem Massaker der Hamas im Oktober 2023 klar sein, dass von dort nie mehr eine Bedrohung für Israel ausgehe.
Wadephul warnte Israel, angesichts von Plänen für eine Aneignung von Teilen des Westjordanlands werde der Druck wachsen: “Angesichts offener Annexionsdrohungen von Teilen der israelischen Regierung ist eine stark wachsende Zahl auch europäischer Länder bereit, auch ohne vorherigen Verhandlungsprozess einen Staat Palästina anzuerkennen”, sagte er. Frankreich, Großbritannien und zuletzt auch Kanada haben anders als Deutschland bereits für September eine Anerkennung Palästinas in Aussicht gestellt.
Die Region stehe an einem Scheideweg. “Deutschland, mit unserer besonderen Verantwortung für Israel, kann und darf das nicht unberührt lassen.” Auch Möller forderte, im Westjordanland müssten Vertreibungen und der völkerrechtswidrige Siedlungsbau sofort enden.
Wadephul, Möller und weitere Koalitionspolitiker reisen angesichts der katastrophalen Lage im Gaza-Streifen für zwei Tage nach Israel und ins Westjordanland. Damit wollen Regierung und Koalition auch Geschlossenheit zwischen Union und SPD demonstrieren.
Deutschland will mit Hilfe der Bundeswehr und Jordaniens in den nächsten Tagen Hilfsgüter aus Flugzeugen über dem Gazastreifen abwerfen. Dies hatte Kanzler Friedrich Merz (CDU) als nur kleine Hilfe bezeichnet, Israel müsse weit mehr Hilfstransporte ermöglichen. Merz hat seinen Ton gegenüber Israel verschärft und weitere Schritte wie etwa Sanktionen gegen rechtsextreme israelische Politiker nicht ausgeschlossen.
(Bericht von: Markus Wacket; redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)