Zinshoffnungen treiben Börsen weiter nach oben

Frankfurt (Reuters) – Trotz des Inkrafttretens neuer US-Zölle greifen die Anleger an den europäischen Börsen bei Aktien zu.

Für Kauflaune sorgten am Donnerstag laut Experten unter anderem anhaltende Hoffnungen auf eine Zinssenkung der US-Notenbank Fed im September. Der Dax und der EuroStoxx50 notierten gegen Mittag jeweils mehr als 1,5 Prozent höher bei 24.334 und 5346 Punkten. Nach oben ging es sogar in Zürich: Der Schweizer Leitindex rückte um gut ein Prozent vor, obwohl Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter nach Verhandlungen über ein Handelsabkommen mit den USA in Washington mit leeren Händen in ihre Heimat zurückgekehrt war.

“An der Börse geht es aktuell zu wie bei Pippi Langstrumpf: Die Anleger machen sich die Welt, wie sie ihnen gefällt”, kommentierte Jürgen Molnar, Stratege beim Broker RoboMarkets. “Waren sie vor ein paar Tagen noch getroffen von Trumps Zollkeule und plagten sie nach schlechten Konjunkturdaten aus den USA Rezessionssorgen, ist nun wieder eitel Sonnenschein und die Hoffnungen auf Zinssenkungen überdecken alles Negative”, sagte der Experte mit Blick auf die frisch in Kraft getretenen neuen US-Zölle.

US-ZÖLLE GEGEN DIE EU TRETEN IN KRAFT

Die von Präsident Donald Trump angeordneten höheren Abgaben auf Importe aus mehreren Ländern gelten seit 00.01 Uhr US-Ostküstenzeit (06.01 Uhr MESZ). Für Waren aus der Europäischen Union gilt nun ein Basiszollsatz von 15 Prozent. “Jetzt wird sich Schritt für Schritt zeigen, wie groß die Auswirkungen auf Handelsvolumen und Unternehmensgewinne sein werden”, sagte Thomas Altmann, Portfoliomanager beim Vermögensverwalter QC Partners. “Die Börsen preisen bislang keine großen Auswirkungen ein. Sollten die Auswirkungen doch größer sein, könnte das schnell zu einem Stimmungsumschwung an den Börsen dieser Welt führen.”

Die Ankündigung eines Treffens zwischen US-Präsident Donald Trump und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin beflügelte indes die Börse in Moskau. Der russische Leitindex MOEX legte um 4,5 Prozent zu. Es werde vorerst die kommende Woche angepeilt, sagte der außenpolitische Kreml-Berater Juri Uschakow. Es sei aber noch unklar, wie viel Zeit die Vorbereitungen in Anspruch nähmen.

RHEINMETALL ZIEHT RÜSTUNGSSEKTOR NACH UNTEN

Für Gesprächsstoff bei den Einzelwerten sorgte Rheinmetall mit einem Kursrutsch von 5,5 Prozent. Der Rüstungskonzern verzeichnete im zweiten Quartal zwar einen Rekordumsatz im Geschäft rund um Munition, doch die Zahlen fielen insgesamt unter den Analystenerwartungen aus. Rivalen gerieten in Rheinmetalls Sog ebenfalls unter Druck: Der europäische Sektorindex bröckelte um knapp zwei Prozent ab. “Rheinmetall ist eines der größeren Unternehmen in der Branche und gewissermaßen ein Orientierungspunkt für den Rest der Rüstungsindustrie”, sagte Tom Guinchard von der Investmentbank Pareto Securities.

Unter die Räder nach negativ aufgenommenen Finanzberichten gerieten auch die Deutsche Telekom und Merck, die um 3,7 und 1,3 Prozent nachgaben. Im MDax brachen Carl Zeiss Meditec um mehr als elf Prozent ein.

Gefragt waren hingegen die Papiere der Allianz, die um gut vier Prozent zulegten. Der Versicherungskonzern sieht sich mit einem starken Gewinnplus im vergangenen Quartal auf Kurs zu seinem Jahresziel.

Auch Siemens baute seine anfänglichen Verluste nach Vorlage der Zahlen wieder ab und gewann rund fünf Prozent.

Im SDax schossen die Aktien von Deutz um fast 13 Prozent nach oben. Der Motorenbauer hatte im ersten Halbjahr auch dank Zukäufen beim Auftragseingang und Umsatz zugelegt.

(Bericht von Zuzanna Szymanska, redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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