Trump hofft in Ukraine auf Putin – Ist aber unsicher

(weitgehend neu)

– von Anastasiia Malenko und Andrea Shalal und Tom Balmforth

Washington/Kiew (Reuters) – US-Präsident Donald Trump hat die Hoffnung auf ein Ende des Ukraine-Krieges durch den russischen Präsidenten Wladimir Putin geäußert, zugleich aber Zweifel an dessen Bereitschaft zu einer Einigung erkennen lassen.

“Ich glaube, Putin hat es satt”, sagte Trump am Dienstag in einem Interview des Senders Fox News. Es sei jedoch auch möglich, dass der russische Präsident kein Abkommen schließen wolle. Dies werde sich in den nächsten Wochen zeigen. Putin drohe aber eine “schwierige Situation”, sollte dies nicht der Fall sein.

Er habe nach einem Gipfeltreffen im Weißen Haus am Montag mit Putin telefoniert, um ein persönliches Treffen zwischen dem Kreml-Chef und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu vermitteln, sagte Trump weiter. Dem solle ein Dreiertreffen unter seiner Beteiligung folgen. Auch Selenskyj müsse Flexibilität zeigen, fügte Trump hinzu. Der ukrainische Präsident hat mehrfach deutlich gemacht, zu Gesprächen bereit zu sein, sobald eine Feuerpause in Kraft ist. Aus Moskau gab es zunächst keine explizite Zusage für ein Treffen Putins mit Selenskyj. Außenminister Sergej Lawrow erklärte, ein solches Treffen müsse “mit größter Gründlichkeit vorbereitet werden”.

Das Gespräch mit Trump und den Staats- und Regierungschefs von Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Finnland sowie Nato-Generalsekretär Mark Rutte und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Montag bezeichnete Selenskyj als “großen Schritt nach vorn”.

SCHWEIZ BEREIT FÜR AUSRICHTUNG VON GESPRÄCHEN

“Die gute Nachricht ist, dass es keine Explosion gab. Trump hat weder eine ukrainische Kapitulation gefordert noch die Unterstützung eingestellt”, sagte John Foreman, ein ehemaliger britischer Verteidigungsattaché in Kiew und Moskau, der Nachrichtenagentur Reuters. “Auf der anderen Seite gibt es eine große Unsicherheit über die Art der Sicherheitsgarantien.” Experten zufolge könnte Selenskyj zu schmerzhaften Kompromissen gezwungen sein, um den Krieg zu beenden, bei dem Schätzungen zufolge bereits mehr als eine Million Menschen getötet oder verwundet worden sind.

International liefen die diplomatischen Bemühungen weiter. Die Schweiz zeigte sich bereit, mögliche Friedensgespräche zu organisieren, nachdem Frankreichs Präsident Emmanuel Macron Genf als Ort ins Spiel gebracht hatte. “Wir sind bereit für so ein Treffen”, sagte Außenminister Ignazio Cassis dem Sender SRF. Eine Konferenz könne in kürzester Zeit organisiert werden. Der Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen Putin sei kein Hindernis.

Die “Koalition der Willigen”, zu der unter anderem Deutschland, Kanada, Japan und Polen gehören, bekräftigte die Notwendigkeit einer fortgesetzten Unterstützung für die Ukraine. Die Mitglieder hätten die Ergebnisse des Treffens von Trump und Putin in Alaska am vergangenen Freitag “sehr realistisch” eingeschätzt, teilte der polnische Ministerpräsident Donald Tusk nach einer Videokonferenz der Staats- und Regierungschefs der Gruppe mit.

“SIE ALLE GEHEN AUF ZEHENSPITZEN”

Im Zentrum stehen aktuell Sicherheitsgarantien für die Ukraine nach einem Ende des Kriegs. Trump schloss eine Nato-Mitgliedschaft des Landes aus. Europa sei jedoch bereit, in irgendeiner Form Truppen zu stellen, sagte er. Die USA würden dies nicht tun, könnten aber andere Hilfe leisten, etwa aus der Luft. Selenskyj sagte seinerseits, seine Beamten arbeiteten an den Inhalten der Garantien. Neil Melvin vom Institut Royal United Services erklärte jedoch, die Aussagen Trumps seien “so vage, dass es sehr schwer ist, sie ernst zu nehmen”. Er sieht ein diplomatisches Ringen, bei dem weder die europäisch-ukrainische Seite noch Russland als Hindernis für Trumps Friedensprozess erscheinen wollten. “Sie alle gehen auf Zehenspitzen um Trump herum”, sagte Melvin.

Ungeachtet der diplomatischen Bemühungen gingen die russischen Angriffe auf Ziele in der Ukraine weiter. Das ukrainische Militär meldete am Dienstag kurz nach dem Washingtoner Gipfeltreffen einen der größten russischen Luftangriffe in diesem Monat. Insgesamt habe Russland dabei in der Nacht zum Dienstag 270 Drohnen und zehn Raketen eingesetzt, teilte die Luftwaffe mit. Davon seien 230 Drohnen und sechs Raketen von der Luftabwehr abgeschossen worden. An 16 Orten im Land seien Einschläge von vier Raketen und 40 Drohnen registriert worden.

WESTEN IN FRAGE VON WAFFENRUHE UNEINS

Nach neuen nächtlichen russischen Angriffen forderte der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha ein Gipfeltreffen mit den USA und Russland. Der russische Außenminister Lawrow lobte die Bemühungen Trumps. Die US-Führung strebe ein langfristiges Ergebnis an, sagte er. Die Europäer hingegen hätten nur auf einen Waffenstillstand bestanden, um die Ukraine danach weiter mit Waffen zu versorgen. Der Vize-Vorsitzende des russischen Sicherheitsrats, Dmitri Medwedew, verbuchte das Treffen mit Trump als Niederlage der Europäer: “Die antirussische, kriegstreiberische Koalition der Willigen ist daran gescheitert, sich gegen Trump durchzusetzen”, schrieb er auf X. “Europa hat ihm gedankt und sich bei ihm angebiedert.”

Differenzen innerhalb des Westens gibt es in der Frage einer Waffenruhe. Trump hatte am Montag betont, dies sei nicht zwingend eine Voraussetzung für die Aufnahme von Friedensverhandlungen. Merz und auch Macron stellten dagegen klar, für sie müsse es zunächst zu einem Waffenstillstand kommen. Damit stellten sie sich an die Seite Selenskyjs, der befürchtet, dass Putin während möglicher Gespräche weitere Geländegewinne in der Ukraine verbuchen will.

(Mit weiteren Reuters-Büros; Bearbeitet von Alexander Ratz; Redigiert von Kerstin Dörr; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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