Ifo: Deutsche Wirtschaft abhängig vom Seeverkehr im Roten Meer

Berlin (Reuters) – Der durch Beschuss der Huthi-Rebellen aus dem Jemen gefährdete Seeweg durch das Rote Meer ist einer Studie zufolge für die deutsche Wirtschaft von großer Bedeutung.

Knapp zehn Prozent aller Importe in die Bundesrepublik führen über diese Strecke, wie das Münchner Ifo-Institut am Mittwoch zu seiner Untersuchung für das Bundeswirtschaftsministerium mitteilte. Dies entspricht einem Handelsvolumen von 136 Milliarden Euro im Jahr 2023. “Auf dem Seeweg über das Rote Meer kommen verschiedene kritische Rohstoffe oder wichtige Vorprodukte für die Industrie nach Deutschland”, sagte Ifo-Handelsexpertin Lisandra Flach. “Die Seepassage ist daher von besonderer geoökonomischer Bedeutung für Deutschland.”

Ähnlich hoch ist der Anteil der deutschen Importe, die über die Straße von Malakka in Südostasien vor Singapur (8,7 Prozent) und die Taiwanstraße vor China (7,1 Prozent) kommen. Im Vergleich dazu ist die Bedeutung der Straße von Hormus mit Iran als wichtigem Anlieger und des Panamakanals für den deutschen Außenhandel eher gering: Über den Panamakanal kamen 2023 lediglich 0,5 Prozent aller deutschen Importe, über die Straße von Hormus waren es sogar nur 0,4 Prozent, erklärte das Ifo-Institut.

“Der globale Handel konzentriert sich auf wenige Seewege mit strategischen Engpässen, wie den Suezkanal”, sagte die Koautorin der Studie, Katharina Erhardt von der Universität Düsseldorf. “Blockaden oder Störungen dieser Seewege, wie zuletzt durch die Angriffe der Huthi-Rebellen im Jemen, haben erhebliche wirtschaftliche Folgen für Deutschland.”

Das wird in der Bundesregierung auch so gesehen. “Die Bedeutung der Seeschifffahrt und der dazugehörigen Infrastruktur kann für eine Handelsnation wie Deutschland gar nicht hoch genug bewertet werden”, sagte der Koordinator der Bundesregierung für die maritime Wirtschaft und Tourismus, Christoph Ploß. Die Versorgung mit Rohstoffen, lebenswichtigen Gütern und weiteren Waren brauche verlässliche Seewege. Das gelte vor allem im Krisenfall. “Unsere Sicherheitspolitik muss neben der klassischen Landesverteidigung auch die Wirtschaftssicherheit und dabei besonders Schifffahrt und die Sicherung der Handelswege mitdenken”, sagte Ploß. Ziel der Bundesregierung sei, eine starke Flotte in Deutschland zu halten und sie nach Möglichkeit auszubauen. Er appellierte zugleich an die deutschen Unternehmen, Vorsorge zu betreiben, um auf die Blockade von Meerengen vorbereitet zu sein.

Die prekäre Sicherheitslage im Roten Meer beeinträchtigt seit langem den Seeverkehr. So meidet etwa Hapag-Lloyd wie viele andere Großreedereien den Suezkanal, seit die Huthi-Miliz zur Unterstützung der radikal-islamischen Palästinenser-Organisation Hamas im Gaza-Krieg mit Israel Ende 2023 im angrenzenden Roten Meer Angriffe auf Handelsschiffe gestartet hat. Die Umleitung der Schiffe um die Südspitze Afrikas erhöht die Kosten und sorgt für schwankende Frachtraten. Er sehe keine Chance, dass die Suezkanal-Route in diesem Jahr wieder befahren werden könne, sagte Hapag-Lloyd-Chef Habben Jansen vor wenigen Tagen.

(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Philipp Krach. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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