Politiker gegen schnelle Festlegung bei Sicherheitsgarantien für Ukraine

Berlin (Reuters) – In der Debatte um eine mögliche Entsendung von Bundeswehr-Soldaten in die Ukraine kommen aus fast allen Parteien warnende Hinweise.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Dirk Wiese kritisierte am Mittwoch, man dürfe nicht den “dritten oder vierten Schritt” vor dem ersten gehen. Zwei prominente ostdeutsche CDU-Politiker sprachen sich gegen einen Einsatz aus, der auch von der AfD, der Linkspartei und dem BSW abgelehnt wird. Die Bundesregierung plädierte dafür, die Debatte über Sicherheitsgarantien nicht nur auf dieses Thema zu beschränken.

Auslöser der Debatte ist zum einen der Besuch mehrerer europäischer Staats- und Regierungschefs in Washington, bei dem über Garantien für die von Russland überfallene Ukraine gesprochen wurde. Zum anderen hatte US-Präsident Donald Trump behauptet, dass sowohl Frankreich, Großbritannien als auch Deutschland gesagt hätten, dass sie zum Einsatz eigener Soldaten in der Ukraine bereit seien. In der Bundesregierung hatte es dagegen geheißen, dass Deutschland sich zwar auf jeden Fall an Sicherheitsgarantien beteiligen werde. Aber die Frage einer möglichen Beteiligung von Bundeswehrsoldaten würde erst entschieden, wenn die Rahmenbedingungen klar seien. Dazu gehört aus Berliner Sicht eine klare Zusage der USA, sich selbst am Schutz der Ukraine zu beteiligen.

“Putin muss jetzt liefern”, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Steffen Meyer am Mittwoch. Es sei wichtig, dass das angedachte Treffen zwischen Putin und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zustande komme. Zu der Sicherheitsfrage gehörten aber auch die Luftverteidigung und vor allem die bessere Ausrüstung der ukrainischen Armee. Man müsse verhindern, dass ein Friedensschluss von der russischen Seite nur genutzt werde, Zeit zu gewinnen und zu einem späteren Zeitpunkt das ursprüngliche Ziel durchsetzen zu wollen, die Ukraine einzunehmen.

“Bei aller notwendigen Unterstützung der Bundesrepublik für die Ukraine sollten wir in Deutschland keine Debatte über einen direkten Einsatz deutscher Soldaten führen”, sagte der CDU-Landeschef in Sachsen-Anhalt, Sven Schulze, dem “stern”. Er verwies auf das Engagement in Litauen, wo die Bundeswehr bereits eine Brigade aufbaue, fügte der CDU-Politiker hinzu, der im kommenden Jahr für die CDU in Sachsen-Anhalt als Spitzenkandidat zu den Landtagswahlen antritt. Zuvor hatte der sächsische Ministerpräsident und stellvertretende CDU-Parteichef Michael Kretschmer einen Truppeneinsatz in der Ukraine kritisiert. “Dass deutsche Soldaten in der Ukraine kämpfen, darf kein Thema sein”, hatte er gesagt.

Hintergrund ist auch, dass die rechts- und linksgerichteten Parteien AfD, Linke und BSW, die besonders im Osten stark sind, einen Einsatz der Bundeswehr ablehnen. Die BSW-Chefin Sahra Wagenknecht etwa unterstützte Kretschmer gegenüber der “Welt”.

Laut einer neuen Reuters-Umfrage für RTL/ntv ist die deutsche Bevölkerung gespalten in der Frage eines Bundeswehreinsatzes. 49 Prozent wären dafür, dass Deutschland eigene Soldaten zu einer europäischen Friedenstruppe entsendet. 45 Prozent lehnen dies ab. Vor allem im Osten überwiegt die Skepsis, während Anhänger von CDU/CSU, SPD und Grünen insgesamt laut Forsa eine deutsche Beteiligung klar befürworten. In der Frage möglicher Zugeständnisse an Russland zeigt sich ebenfalls ein geteiltes Bild. 52 Prozent der Befragten meinen, die Ukraine solle im Zweifel auch besetzte Gebiete abtreten, um ein Ende des Krieges zu ermöglichen. 41 Prozent sprechen sich dagegen aus.

(Bericht von Andreas Rinke; Redigiert von Kerstin Dörr; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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