Anleger in Europa auf der Hut – Zins-Euphorie verpufft

Frankfurt (Reuters) – An den europäischen Börsen ist die zinsgetriebene Kauflaune wieder Ernüchterung gewichen.

Der Dax fiel am Montag um rund ein halbes Prozent auf 24.224 Punkte, nachdem der deutsche Leitindex am Freitag leicht zugelegt hatte. Der EuroStoxx50 sank ähnlich stark auf rund 5457 Zähler. US-Notenbankchef Jerome Powell hatte vor Wochenschluss die Zinsfantasien der Anleger angeheizt und damit vor allem die Wall Street beflügelt.

“Obwohl sich die Einschätzung der wirtschaftlichen Lage nicht signifikant verändert hat, wurden auf einmal die Risiken doch deutlich stärker auf der Arbeitsmarktseite gesehen”, kommentierte Commerzbank-Analyst Volkmar Baur die Rede von Fed-Chef Powell auf der US-Notenbankkonferenz in Jackson Hole. Dies spreche für eine tendenziell lockere Geldpolitik. “Und das nicht nur im September, sondern auch darüber hinaus.”

DOLLAR AUF ERHOLUNGSKURS – ÖLPREIS ZIEHT AN

Nachdem die Aussicht auf sinkende Zinsen den Dollar am Freitag um rund ein Prozent nach unten gedrückt hatte, stabilisierte sich die US-Währung zum Wochenanfang. Der Dollar-Index zog um 0,3 Prozent auf bis zu 97,9660 Punkte an. Im Gegenzug gab der Euro um 0,2 Prozent auf 1,1694 Dollar nach.

Am Rohölmarkt kletterten indes die Preise. Händler fürchteten Lieferunterbrechungen aufgrund der ukrainischen Angriffe auf Energieinfrastruktur in Russland sowie mögliche weitere US-Sanktionen. Brent-Rohöl und US-Leichtöl WTI verteuerten sich jeweils um rund ein halbes Prozent auf 68,03 beziehungsweise 64,02 Dollar je Barrel. “Der Markt ist etwas besorgt, dass diese Friedensverhandlungen zu nichts führen”, sagte Ole Hansen, Stratege bei der Saxo Bank.

RÜSTUNGSWERTE GEFRAGT – BIOENERGIE UNTER DRUCK

Zunehmend rückten auch an den Finanzmärkten die ausbleibenden Fortschritte für Frieden in der Ukraine in den Fokus, sagten Börsianer. “So kommen die Beteiligten in den Friedensverhandlungen nicht weiter, was auf die Stimmung der optimistischen Marktteilnehmer drückt”, konstatierte Jürgen Molnar, Kapitalmarktstratege bei RoboMarkets. “Die Börsenampel für den Dax steht auf Gelb, die Handelsspanne bleibt zwischen 24.000 und 24.500 Punkten verankert.”

Vor diesem Hintergrund deckten sich Anleger erneut bei Rüstungswerten ein. Rheinmetall-Aktien waren mit einem Plus von einem Prozent der größte Dax-Gewinner. Anteilsscheine des Rüstungszulieferers Hensoldt und des Panzergetriebe-Herstellers Renk rückten in der Spitze jeweils knapp drei Prozent vor.

Dagegen ließ der Baustopp für ein Windpark-Projekt von Orsted in den USA den dänischen Windkraftanlagenhersteller einbrechen und setzte die Branche der erneuerbaren Energien unter Druck. Die Aktien von Orsted rauschten in Kopenhagen um bis zu 19 Prozent auf ein Rekordtief, nachdem die US-Regierung den Konzern am Freitag angewiesen hatte, die Arbeiten an einem zu 80 Prozent fertiggestellten Projekt vor der Küste von Rhode Island einzustellen.

Auch die Rivalen Vestas Wind und EDP Renovaveis gaben jeweils rund vier Prozent nach. Die Titel von Siemens Energy büßten in der Spitze rund drei Prozent ein, die Anteilsscheine von Nordex verloren bis zu zwei Prozent.

Dagegen kam die geplante milliardenschwere Übernahme des niederländischen Kaffee-Unternehmens JDE Peet’s bei Anlegern gut an. Die Titel sprangen in Amsterdam um mehr als 17 Prozent nach oben und peilten damit ihr bislang größtes Kursplus an. Der US-Getränkekonzern Keurig Dr Pepper will den Kaffee-Hersteller mit Marken wie Jacobs, L’Or und Tassimo für 15,7 Milliarden Euro in bar kaufen.

(Bericht von Stefanie Geiger, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)

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