Berlin (Reuters) – Das geplante Wehrdienstgesetz hat kurz vor dem anstehenden Kabinettsbeschluss erneut für Ärger zwischen Union und SPD gesorgt.
Außenminister Johann Wadephul (CDU) legte einen sogenannten Leitungsvorbehalt gegen das Vorhaben ein, sagten Regierungs- und Koalitionsvertreter am Montag der Nachrichtenagentur Reuters. Diesen zog er am Montagabend nach einer Regierungsbesprechung jedoch laut Regierungssprecher Stefan Kornelius wieder zurück, sodass der Gesetzentwurf wie geplant am Mittwoch vom Kabinett verabschiedet werden kann. Angesichts der Bedrohungslage durch Russland und des angestrebten schnellen Aufbaus der Bundeswehr reiche das Gesetz nicht aus, hatte Wadephul zunächst argumentiert und damit Bedenken der Unionsfraktion aufgegriffen.
Auch wenn ein Eklat mit dem Einlenken Wadephuls vermieden wurde, wird sich der Streit im Parlament wohl fortsetzen. Der Unions-Verteidigungsexperte Thomas Erndl nannte das Veto Wadephuls richtig und den Gesetzentwurf unzureichend.
Der Entwurf sieht zum einen eine umfassende Wehrerfassung junger Männer vor, die mit der Aussetzung der Wehrpflicht 2011 aufgegeben wurde. Zudem setzt er zunächst auf Freiwilligkeit unter deutlich verbesserten Rahmenbedingungen für die Rekruten. Erst wenn sich nicht ausreichend Freiwillige finden sollten, greift auch eine Pflicht. Diese muss aber von der Bundesregierung und dem Bundestag beschlossen werden.
Unions-Verteidigungsexperte Erndl (CSU) sagte Reuters: “Es ist richtig, dass Bundesminister Wadephul einen Leitungsvorbehalt eingelegt hat und konkrete Zielmarken für den Aufwuchs einfordert.” Der bisherige Entwurf sei in mehrfacher Hinsicht unzureichend. Weder garantiere er die Erreichung der Personalziele von 260.000 aktiven Soldaten und 200.000 Reservisten, die das Ministerium selbst für notwendig erachte.
Erndl kritisierte besonders den fehlenden Automatismus beim Übergang zur Wehrpflicht. Der aktuelle Entwurf sei hier “deutlich zu kurz gesprungen”. Dies untergrabe den eigentlichen Zweck des Gesetzes, nämlich schon jetzt für einen garantierten Aufwuchs für Reserve und Heimatschutz zu sorgen und damit die Abschreckungswirkung zu erhöhen.
Ein Automatismus dagegen vermeide die eskalierende Wirkung, die mit einem abermaligen Bundestagsbeschluss in einer bereits angespannten Lage einherginge. Ein solcher Beschluss “würde schnell als Mobilmachung missverstanden werden können”, sagte Erndl. Außerdem wäre es in einem solchen Krisenszenario viel zu spät, dann erst ausreichend Personal militärisch auszubilden.
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) steht allerdings auch von Seiten seiner Partei unter Druck, die den Gesetzentwurf bereits sehr weitgehend findet. Die Jusos haben Pistorius schon vorgeworfen, sich mit dem Entwurf nicht an eine Abmachung auf dem SPD-Parteitag und einen Kompromissbeschluss gehalten zu haben. Sie wollen einen rein freiwilligen Wehrdienst. Im Gesetzentwurf ist vorgesehen, dass Regierung und auch Bundestag zustimmen müssen, bevor die Dienstpflicht greift.
Das Verteidigungsministerium erklärte auf Anfrage, man äußere sich zu laufenden Ressort-Abstimmungen grundsätzlich nicht. Ein Sprecher des Außenministeriums sagte zum Vorhaben: “Dazu laufen Ministergespräche.”
(Bericht von Markus Wacket und Andreas Rinke; Redigiert von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)