Unterlüß (Reuters) – Der Rüstungskonzern Rheinmetall hat ein neues Werk im niedersächsischen Unterlüß eröffnet, das bei voller Auslastung das größte Munitionswerk in Europa werden soll.
Der Dax-Konzern reagiert damit auf den gestiegenen Bedarf der Bundeswehr, anderer westlicher Armeen sowie der Streitkräfte der Ukraine. “Damit schlagen wir sowohl in unserer Firmengeschichte als auch in der Geschichte unseres Standorts Unterlüß ein weiteres Kapitel zum Thema Artillerieproduktion auf”, sagte Rheinmetall-Chef Armin Papperger am Mittwoch. Die neue Produktionsstätte werde bei voller Auslastung das größte Munitionswerk Europas, “wenn nicht gar der Welt”. Weitere Werke in anderen Nato-Staaten könnten folgen, um ein “paneuropäisches Defence Ecosystem” zu schaffen.
Bundesfinanzminister und Vizekanzler Lars Klingbeil, Verteidigungsminister Boris Pistorius sowie Nato-Generalsekretär Mark Rutte nahmen an der Einweihung des neuen Werks teil. Die neue Bundesregierung schaffe die Voraussetzungen, die Bundesrepublik angesichts der russischen Bedrohung “kriegstauglich zu machen”, sagte Papperger.
Der Spatenstich in Unterlüß erfolgte im Februar 2024, das Investitionsvolumen liegt bei insgesamt 500 Millionen Euro am Standort. Noch im laufenden Jahr sollen in dem neuen Werk rund 25.000 Schuss Munition produziert werden, 2026 sollen es rund 140.000 Schuss sein, ab 2027 beträgt die Jahreskapazität dann bis zu 350.000 Schuss. Zudem errichtet Rheinmetall am Standort eine Fabrik für Raketenmotoren und möglicherweise auch Gefechtsköpfe. Geplant sei ein weiteres Werk für RDX-Sprengstoff und optional auch Munitionsladungen.
Rheinmetall könne auch in anderen Nato-Ländern in vergleichbarer Geschwindigkeit Munitionswerke errichten, sagte Papperger weiter. Er denke an Staaten wie Litauen und Großbritannien, wo es bereits konkrete Projekte gebe. Er denke aber auch an Staaten wie Rumänien, Lettland und die Ukraine, die “noch entschlossener in die Lage versetzt werden muss, die dringend benötigten Schutz- und Verteidigungsgüter im eigenen Land zu produzieren”.
Der Bund lässt sich den Ausbau der Bundeswehr etwas kosten: Das Budget des Verteidigungsministeriums soll allein im Haushalt 2026 um mehr als 20 Milliarden auf rund 82,7 Milliarden Euro steigen. Durch die neue Produktionslinie in Unterlüß soll die Bundesrepublik auch unabhängiger von globalen Lieferketten werden. Die Fertigung in Deutschland unterliegt keinen ausländischen Reglementierungen. Dabei geht es vor allem um mögliche Munitionslieferungen zur Unterstützung der Ukraine bei der Verteidigung gegen russische Truppen.
Rheinmetall ist einer der größten Munitionsproduzenten weltweit. Der Düsseldorfer Konzern hat angesichts des Kriegs von Russland gegen die Ukraine seine Produktionskapazitäten gezielt ausgebaut. Rheinmetall versorgt auch die Ukraine mit Waffen und Munition. Der Rüstungsboom beschert dem Konzern ein rasantes Wachstum. Der Umsatz kletterte etwa im Halbjahr um 24 Prozent auf 4,7 Milliarden Euro, das Geschäft rund um Munition erreichte dabei einen Rekordumsatz von 1,3 Milliarden Euro.
Unterlüß ist der weltweit größte Standort des Konzerns. Das firmeneigene Areal umfasst eine Gesamtfläche von rund 60 Quadratkilometern und dient zu einem großen Anteil als Schieß- und Erprobungsgelände. Rheinmetall beschäftigt hier rund 3200 Menschen. Unter anderem wird hier auch der Schützenpanzer Puma gefertigt.
(Bericht von Matthias Inverardi, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bittean unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)