– von Matthias Inverardi
Unterlüß (Reuters) – Der Rüstungskonzern Rheinmetall könnte die Fühler nach dem militärischen Teil der Lürssen-Werft ausstrecken.
“Wir sind immer interessiert, unser Produkt-Portfolio zu erweitern”, sagte Rheinmetall-Chef Armin Papperger am Mittwoch im niedersächsischen Unterlüß auf die Frage nach einem Interesse an dem Militärschiffbauer Naval Vessels Lürssen (NVL). Aus Branchenkreisen erfuhr Reuters, eine Kombination der beiden Unternehmen könnte sinnvoll sein. Die “Bild” hatte zuvor berichtet, Rheinmetall wolle den militärischen Bereich der familiengeführten Firma aus Bremen erwerben. Rheinmetall stellt bisher vor allem Panzer, andere Militärfahrzeuge und Munition her. Der Dax-Konzern hat aber schon länger Ambitionen im Marine-Bereich. Lürssen reagierte zunächst nicht auf eine Bitte um eine Stellungnahme.
Papperger hatte am Mittwoch Nato-Generalsekretär Mark Rutte, Verteidigungsminister Boris Pistorius und SPD-Chef Lars Klingbeil zum Standort im niedersächsischen Unterlüß eingeladen. Anlass war die Eröffnung einer neuen Produktionslinie für Artilleriemunition.
Die NVL ist nach eigenen Angaben eine privat geführte
unabhängige Werftengruppe mit vier Werften in Norddeutschland und internationalen Standorten. Das Unternehmen biete neben Schiffbaulösungen wie Fregatten und Korvetten umfangreiche Services an. Damit trage NVL dazu bei, die Deutsche Marine und Navies weltweit jederzeit einsatzbereit zu halten.
Die Lürssen-Familie wolle sich von den Militärwerften in Hamburg, Wilhelmshaven und Wolgast trennen, um sich künftig auf die Produktion von Megajachten zu konzentrieren, berichtete “Bild”. Die IG Metall Küste erklärte, sie sei bislang nicht eingebunden. “Einer Konsolidierung der Marinewerften stehen wir grundsätzlich offen gegenüber, allerdings muss die Bundesregierung hierbei eine aktive Rolle spielen. Inwieweit dies bei möglichen Gesprächen bei Lürssen der Fall ist, wissen wir nicht.”
ORDERBÜCHER GEFÜLLT WIE NOCH NIE
Rheinmetall eilt wegen des internationalen Rüstungsbooms von Rekord zu Rekord. Der Düsseldorfer Konzern baut seine Produktion deshalb aus und schaut sich für weiteres Wachstum nach neuen Geschäften um. Rheinmetall stehe im Bereich Marine im Gespräch mit Partnern und wolle dort investieren, hatte Papperger kürzlich bei der Vorlage der Zahlen zum zweiten Quartal erklärt. Bei Braunschweig übernimmt der Konzern einen Standort zur Entwicklung von Militär-Drohnen. Papperger erwartet nach dem Regierungswechsel in Berlin zudem milliardenschwere Bestellungen: Die Orderbücher könnten bis Mitte 2026 auf ein Volumen von 120 Milliarden Euro anschwellen.
Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine wird die westliche Rüstungsindustrie dringend für die Stärkung der Streitkräfte gebraucht. Zusätzliche Dynamik gewinnt die Branche durch höhere Rüstungsausgaben der Nato-Staaten. Rheinmetall setzt auf Bündnisse mit anderen Rüstungsunternehmen, um den Boom bewältigen zu können. Gemeinsam mit der italienischen Leonardo wollen die Düsseldorfer in einem Gemeinschaftsunternehmen Panzer bauen. Sie verhandeln zudem exklusiv mit Leonardo über die Übernahme des Geschäfts mit Militärlastwagen von Iveco.
(Bericht von Matthias Inverardi, Tom Käckenhoff und Miranda Murray, redigiert von Ralf Banser; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)