Mindestens 18 Tote bei russischen Luftangriffen auf Kiew

(neu: Opferzahlen, Einzelheiten)

Kiew (Reuters) – Bei einem russischen Großangriff mit Raketen und Drohnen auf die ukrainische Hauptstadt Kiew sind nach Behördenangaben in der Nacht zum Donnerstag mindestens 18 Menschen getötet worden, darunter vier Kinder.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warf der Regierung in Moskau vor, mit dem nächtlichen Angriff die diplomatischen Bemühungen zur Beendigung des Krieges ad absurdum zu führen. “Russland wählt Raketen statt den Verhandlungstisch”, schrieb Selenskyj auf der Plattform X. “Es entscheidet sich dafür, weiter zu töten, anstatt den Krieg zu beenden.” Zugleich forderte er neue Sanktionen gegen Russland.

Bei den Angriffen in der ukrainischen Hauptstadt wurde auch die dortige Vertretung der Europäischen Union beschädigt. Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas bestellte daraufhin den russischen Gesandten in Brüssel ein. “Keine diplomatische Vertretung sollte jemals ein Ziel sein”, schrieb sie auf X. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte: “Dies ist eine weitere düstere Erinnerung daran, was auf dem Spiel steht. Es zeigt, dass der Kreml vor nichts zurückschreckt, um die Ukraine zu terrorisieren, blindlings Zivilisten zu töten und sogar die Europäische Union ins Visier zu nehmen.”

Bundesaußenminister Johann Wadephul forderte weitere Konsequenzen für Russland. Dass weiter Zivilisten angegriffen würden und auch Kinder unter den Opfern seien, könne nicht ohne Folgen bleiben, sagte Wadephul bei einem Besuch in Estland. Deutschland wolle zeigen, dass es eine weitere Antwort prüfe. Jede Maßnahme werde gemeinsam von der EU ergriffen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron verurteilte die Angriffe als barbarisch. “Das ist Russlands Vorstellung von Frieden: Terror und Barbarei”, schrieb Macron auf der Online-Plattform X. Der britische Premierminister Keir Starmer verurteilte die “sinnlosen russischen Angriffe”. Auch das britische Kulturinstitut British Council in Kiew wurde beschädigt.

UKRAINISCHE ANGRIFFE AUF RUSSISCHE RAFFINERIEN

Der Kreml und das russische Verteidigungsministerium erklärten hingegen, militärisch-industrielle Einrichtungen und Militärflugplätze seien attackiert worden. Dabei seien Hyperschallraketen vom Typ “Kinschal”, Drohnen und luftgestützte Präzisionsraketen eingesetzt worden. Alle vorgesehenen Ziele seien getroffen worden. Russland bestreitet regelmäßig, Zivilisten anzugreifen, und betont, die Angriffe seien ausschließlich auf militärische oder militärnahe Ziele gerichtet. Zugleich betonte Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow, Russland sei weiterhin daran interessiert, mit der Ukraine zu verhandeln.

Allein in Kiew wurden offiziellen Angaben zufolge bei den nächtlichen Angriffen mindestens 38 Menschen verletzt. Rettungskräfte suchten in den Trümmern eines teilweise zerstörten Wohnhauses nach Überlebenden. Landesweit seien 13 Orte und auch Energieanlagen getroffen worden, teilte der Netzbetreiber Ukrenergo mit. Der Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko sprach von einem der schwersten Angriffe auf die Hauptstadt in den vergangenen Monaten.

Das ukrainische Militär erklärte, die Luftabwehr habe 26 von 31 Raketen und 563 von fast 600 Drohnen im ganzen Land abgeschossen. Es teilte zudem mit, die russischen Ölraffinerien Afipsky und Kujbyschewski angegriffen zu haben. Russland hat in den vergangenen Monaten seine Luftangriffe auf ukrainische Städte verstärkt. Ukrainische Behörden hatten zuletzt gewarnt, dass Russland mit dem nahenden Winter seine Angriffe auf das Energienetz des Landes verstärken werde. Zugleich verbuchen russische Truppen im Osten der Ukraine weitere Geländegewinne.

(Bericht von Anastasiia Malenko, Taras Garanich, Ron Popeski, Dmitry Antonov; Bearbeitet von Alexander Ratz; Redigiert von Christian Rüttger; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

tagreuters.com2025binary_LYNXMPEL7R076-VIEWIMAGE