Ifo-Chef Fuest: Steigende Zinslasten erhöhen Reformdruck

Berlin (Reuters) – Die Zinsbelastung für den Bundeshaushalt droht sich dem Ifo-Institut zufolge ohne Reformen in den kommenden Jahren zu verdoppeln.

Bei unveränderten Bedingungen könnten bis 2040 rund 13 Prozent des deutschen Haushalts in Zinszahlungen fließen, wie das Münchner Wirtschaftsforschungsinstitut am Montag mitteilte. Aktuell liege diese Zinsquote bei rund sechs Prozent. “Klar ist, dass bei höherer Zinslast weniger Geld für andere Aufgaben übrig bleibt, was den Reformdruck erhöht”, sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Läge die Zinsquote schon bei 13 Prozent, entstünde dadurch eine Finanzlücke von 35 Milliarden Euro.

Steuererhöhungen hält der Spitzenökonom für keine gute Option, um den Haushalt zu sanieren. “Das würde dem Ziel zuwiderlaufen, das Wirtschaftswachstum zu stärken”, sagte Fuest. Hinzu komme, dass die deutsche Staatsquote – das Verhältnis der Staatsausgaben zur Wirtschaftsleistung – von 46 Prozent im Jahr 2019 auf mittlerweile knapp 50 Prozent gestiegen sei. “Das spricht dafür, die bei der Konsolidierung einen Schwerpunkt auf der Ausgabenseite zu legen”, sagte der Ifo-Chef.

Daher gelte es, Bundesausgaben kritisch zu prüfen und deren Wachstum zu bremsen – vor allem bei Sozialausgaben und der Kranken- und Pflegeversicherung, so Fuest. Ein Weg könnte auch sein, das Renteneintrittsalter schrittweise anzuheben und den sogenannten Nachhaltigkeitsfaktor wieder einzuführen, der Rentensteigerungen bei weniger Beitragszahlern automatisch dämpft.

Das Ifo-Institut hat bei seinen Berechnungen unterstellt, dass die deutsche Wirtschaft bis 2040 jedes Jahr nominal (also nicht inflationsbereinigt) um drei Prozent wächst und der Zinssatz 2,5 Prozent beträgt. Würde dieser bei drei Prozent liegen, so würde die Zinsquote bis 2040 sogar auf mehr als 16 Prozent steigen. Bei einem Zins von nur zwei Prozent hingegen läge sie nur bei 10,6 Prozent. “Das zeigt, wie wichtig es ist, das noch immer hohe Vertrauen der Investoren an den Kapitalmärkten in die Solidität der deutschen Finanzpolitik nicht zu verspielen”, sagte Fuest.

(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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