Deutschland und Schweiz rücken nach Trump-Drohung enger zusammen

Berlin (Reuters) – Die von US-Präsident Donald Trump verhängten hohen Zollsätze gegen die Schweiz sorgen für eine Annäherung zwischen der Eidgenossenschaft und Deutschland.

“Je enger unser Verhältnis miteinander ist, je besser ist es für alle Beteiligten, für die Bundesbürgerinnen und Bürger, für die Unternehmen, für den Konsumenten”, sagte Kanzler Friedrich Merz am Dienstag nach einem Treffen mit der Schweizer Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter in Berlin. Eine EU-Mitgliedschaft stehe in der Schweiz zwar nicht an. Aber es sei eine Integration in unterschiedlicher Tiefe möglich, betonte er. Auch die Bundespräsidentin verwies darauf, dass die Schweiz nicht einmal der europäischen Zollunion angehöre, aber dennoch eine deutlich engere Zusammenarbeit mit Deutschland und der EU wolle. SPD-Politiker hatten sich für eine Aufnahme der Schweiz ausgesprochen.

“Die Schweiz ist besonders betroffen durch sehr hohe Zölle. Umso enger müssen wir in Europa zusammenrücken und zusammenarbeiten”, sagte Merz. Er hoffe, dass die “exorbitanten” US-Strafzölle für das Land noch abwendbar seien. Die EU habe die Verhandlungen mit der US-Regierung “einigermaßen” hinbekommen, aber es gebe einige Bereiche, in denen sehr hohe Zollsätze auch für EU-Firmen zu zahlen seien. Er wünsche sich auch institutionell eine engere Zusammenarbeit mit dem südlichen Nachbarland. Von der Zusammenarbeit auch bei Forschung oder im Pharma-Bereich zwischen Deutschland und der Schweiz profitiere ganz Europa. Keller-Sutter sagte, sie sehe weitere Chancen für Schweizer Firmen und wolle sich am Dienstagnachmittag auch mit deutschen Unternehmen treffen.

Mit Blick darauf, dass die Schweiz nicht nur kein EU-Mitglied, sondern auch kein Nato-Staat ist, sagte Keller-Sutter, dass die Neutralität in der Schweizer Bevölkerung fest verankert sei. Der Bundesrat wolle aber, dass zumindest das Kriegsmaterialgesetz aufgeweicht werde, das bisher Rüstungsexporte und -lieferungen stark erschwert. Die Regierung hoffe, dass man in den beiden Parlamentskammern in Bern hier vorankomme. Das sei schon deshalb nötig, um die Schweizer Rüstungsindustrie zu stärken. Auch diese sei in den vergangenen Jahren eingedampft worden und müsse jetzt wieder ausgebaut werden. Sowohl die Zusammenarbeit mit anderen europäischen Rüstungsfirmen als auch die Lieferung von Waffen an die Ukraine werden aber derzeit durch das Ausfuhrverbot deutlich erschwert.

Sowohl Merz als auch Keller-Sutter betonten, dass sich beide Exportnationen für den Erhalt einer freien Welthandelsordnung einsetzen wollten.

Seit dem 7. August gilt für zahlreiche Schweizer Waren ein US-Importzoll von 39 Prozent – einer der höchsten Sätze, die Präsident Trump für Einfuhren aus einem bestimmten Land verhängt hat. Seither arbeiten Regierung und Behörden zusammen mit der Privatwirtschaft an neuen Zugeständnissen, mit denen die Administration des größten Schweizer Exportmarkts zu einer Senkung des Tarifs bewegt werden soll.

(Bericht von Andreas Rinke; redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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