Die Inflation in der Euro-Zone ist überraschend leicht über die Zielmarke der Europäischen Zentralbank von zwei Prozent gestiegen.
Die Teuerungsrate in der 20-Länder-Gemeinschaft nahm im August auf 2,1 Prozent zu, wie das Statistikamt Eurostat am Dienstag in einer ersten Schätzung mitteilte. Volkswirte hatten eine Rate 2,0 Prozent erwartet, was dem Niveau der Vormonate Juni und Juli entsprochen hätte. Einer der Gründe für den leichten Anstieg waren nicht mehr so kräftig sinkende Energiepreise. Die EZB peilt auf mittlere Sicht eine Teuerungsrate von zwei Prozent an, weil sie dieses Niveau als optimal für die Konjunktur in der Währungsgemeinschaft erachtet.
“Lässt man die stark schwankenden Preise für Energie und Nahrungsmittel außen vor, so ist die Inflation seit dem Jahresanfang weiter gefallen”, kommentierte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Weil sie etwas über dem EZB-Ziel liege, spreche das gegen weitere Leitzinssenkungen. Aus Sicht von Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Bank Hauck Aufhäuser Lampe, liefern die Daten kein neues Inflationsbild. “Mit Raten um 2,0 Prozent wird das Inflationsthema vorerst weiter hinter dem Ofen verbleiben”, meinte der Experte. Für Unruhe bei der Inflation bedürfe es neuer Impulse. “Abseits von Stress bei Inflation und Konjunktur kann die EZB die Zinshände im Schoß behalten.” Aus Sicht von Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank, passt das Zahlenmaterial zur Beibehaltung des Leitzinses.
Die EZB hatte nach einer Serie von zuletzt sieben Zinssenkungen in Folge im Juli eine Pause eingelegt und den Einlagesatz – das ist der Leitzins im Euroraum – bei 2,0 Prozent belassen. Noch Anfang Juni 2024 hatte der Satz, den Geldhäuser erhalten, wenn sie bei der Notenbank Geld parken, bei 4,0 Prozent gelegen.
Für die nächste Zinsentscheidung am 11. September gilt am Finanzmarkt eine weitere Pause als fast schon sichere Sache. Aus Sicht von EZB-Direktorin Isabel Schnabel sollte die Notenbank ihre Leitzinsen unverändert lassen, wie sie der Nachrichtenagentur Reuters sagte. Die Wirtschaft im Euroraum behaupte sich trotz der US-Zölle. Zudem könnte die Inflation möglicherweise höher ausfallen als erwartet.
KERNINFLATION VERHARRT BEI 2,3 PROZENT
Dienstleistungen verteuerten sich im August um 3,1 Prozent, nach 3,2 Prozent im Juli. Die Preise für Lebensmittel, Alkohol und Tabak zogen um 3,2 Prozent an, nach 3,3 Prozent im Juli. Die Energiepreise sanken hingegen um 1,9 Prozent, nach einem Minus von 2,4 Prozent im Vormonat. Damit verbilligte sich Energie nicht mehr so stark. Die Preise für Industriegüter nahmen wie im Vormonat um 0,8 Prozent zu.
Die Kerninflation, bei der die schwankungsanfälligen Preise für Energie, Lebensmittel, Alkohol und Tabak ausgeklammert sind, verharrte bei 2,3 Prozent. Volkswirte hatten einen Rückgang auf 2,2 Prozent erwartet. Aus Sicht von Bert Colijn, Chefvolkswirt für die Niederlande bei der Bank ING, bestätigen die Zahlen zur Kerninflation ein relativ stabiles Inflationsbild trotz zahlreicher Risiken für den Ausblick. Die Währungshüter der EZB haben dieses Maß stets besonders im Fokus.
(Redigiert von Thomas Seythal)